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Profile GeneratorNach einer mittlerweile schon fast 15-jährigen Investition von Schweiß, Geld und Liebe glaube ich nun einen kurzen Überblick zu geben mir erlauben zu können, was die sich in der Zeit verändernde Kunst des DJings anbelangt. Es soll hauptsächlich darum gehen, besonders den heutigen Umgang kritisch zu beschauen, den der Trend zum Auflegen mitbedingt hat. Es soll nicht darum gehen, aus Trotz oder Neid andere zu verunglimpfen, ich respektiere jeden, der sich in den Klub oder sonstwohin stellt, um die Leute zum Feiern zu bringen: Vielmehr möchte ich den Schallplattenunterhaltern wieder ins Gedächtnis zu rufen versuchen, was vielen offensichtlich nicht mehr, oder noch nicht bewußt ist und auf die Möglichkeiten hinweisen, die kontemporär sowie in naher Zukunft sich ergeben. Ohne einen historischen Abriß geben zu wollen appelliere ich an die zeitlosen Ideen und hoffe, daß einigen zusagt was ich behaupte, oder meine Überzeugungen sich dadurch bestätigen, daß dies nicht geschieht.Das DJing basiert auf zwei Grundfaktoren: der Technik und dem Vibe. Jeder Mensch, der sich DJ nennt, sollte auf jeden Fall in der Lage sein, zwei Tracks oder Songs – wobei Erster das hauptsächlich beim Techno, beim House, Minimal, Drum..n..Bass teilweise beim Hip Hop verwendete DJ-Tool meint, das eher linear, nicht für sich allein stehend, sondern in Verbindung mit anderen dazu benutzt wird, um eine gewisse hypnotische Monotonie zu erzeugen, die durch kurze Ausreißer in den Tracks oder beim Übergang von einer zur nächsten Platte eine eher subtil eindringliche Dynamik erzeugt und Zweiter den sich von anderen abhebenden Einzelsong, der in sich geschlossen auf einen nächsten folgt, ohne im Set sich aufzulösen – irgendwie ansprechend über- und ineinander zu legen, um eine Art Geschichte zu erzählen, die den Zuhörer im besten Falle mitzureißen imstande ist. Dies beschreibt die Technik. Ein Anspruch für jeden DJ sollte es sein, ein sauber gemixtes Studioset genauso spielen zu können wie ein vom Einstudierten weggehendes frei improvisiertes Liveset. Im Idealfalle sollte man zwischen vorgebautem und spontanem Set nicht unterscheiden können, was die technische Umsetzung anbelangt. Nur eines von beiden abliefern zu können sollte zum Denken anregen...
Durch die digitale Revolution bedingt wird es in Zukunft andere Standards geben, was die Technik anbelangt. Wer mit den neu sich bietenden Möglichkeiten von Timecode-Platten und Software-Bearbeitung sich nicht mehr einfallen läßt, als wieder nur zwei Platten übereinander zu legen, verfehlt den Sinn der neuen Anwendungen. DJs, die jetzt beginnen aufzulegen, werden sich nicht mehr darum kümmern zu pitchen, oder wahnsinnige Turntablisms sich einzustudieren um, wie zum Beispiel beim Hip Hop, einen Loop zu wiederholen und damit Einfluß auf die Nummer zu nehmen, sondern dies sich vom Laptop erledigen lassen, um die Zeit, die damit gewonnen wird zu nutzen um mit Effekten, Samples und Live-Modulationen den eigenen Touch ins Set zu bringen, der bisher auf anderem Wege zu erreichen war. Ich vermisse zwar schon jetzt das gute alte Vinyl, das es wahrscheinlich in 10 oder 15 Jahren nicht mehr als verbreitetstes Werkzeug geben wird, freue mich aber auch schon auf die sich bietenden Möglichkeiten, die das neue System und überhaupt der neue Umgang mit der Tätigkeit des Auflegens bringen wird.
Neben dem technischen Aspekt ist auch der der Zugänglichkeit zur Musik und zu einzelnen Liedern interessant; man hat immer sein gesamtes Repertoire bei sich und muß nicht mehr aus dem beschränkten Plattenkofferinhalt das Beste machen – allerdings wird es einer gewissen Disziplin bedürfen, um sich nicht vollkommen im Set ob der Möglichkeiten zu “verlaufenâ€. Man bekommt die rarsten Stücke, vergriffene Klassiker und den neuesten Scheiß innerhalb von Sekunden um wenig Geld und, abgesichert, mit Garantie des Nichtverschleißens. Zusätzlich dazu, was vielleicht die wirkliche Innovation ausmachen wird, Eigenproduktionen von Freunden, Bekannten und Alljenen, denen es bisher noch nicht vergönnt war, ihre Werke in Distribution zu sehen. Hoffentlich wird dadurch der Sound und auch das DJing auch wieder etwas mehr mit Individualität versehen. Die durch immer mehr verengende Möglichkeiten des Plattenerwerbs - siehe zum Beipsiel “Soul Seduction†- sich ergebende Gleichschaltung der Musik durch Online-Recordstores, in denen jeder einkauft, läßt diese Individuatät verschwinden; jeder spielt dasselbe und das erscheint mir nicht sehr wünschenswert. Darum käme die Einführung der neuen Wege der Erlangens von Musikstücken sehr gelegen um der Vereinheitlichung vorzubeugen. So schreiten wir also auf eine Zeit zu, die das altbewärte Mittel des Turntables als “Eingabe- und Steuerungsgerät†behält und es verbindet mit neuen Möglichkeiten, die entdecken zu wollen fast schon die Pflicht von jedem ist, der sich mit den neuen Technologien beschäftigt.
Neben der Technik gibt es noch das, was sich schwer nur in Worte fassen läßt und das ich deshalb sehr vage den Vibe nennen möchte. Wer glaubt, beim Auflegen ausschließlich irgendwelche eigenen Visionen realisieren zu müssen, wird bald die Ignoranz, die dem Publikum gegenüber entsteht, gegen sich selbst gerichtet erleben. Man spielt vor allem für die Leut, oder besser: man spielt hautpsächlich für die Party. Natürlich mag keiner Djs, die offensichtlich nur einen Hit nach dem anderen spielen um zu gefallen – es gehört schon eine gewisse Dikton dazu, eine “Erziehung zur Vielfältigkeitâ€, die ich mit dem Terminus der “Geschichteâ€, zu der man das Publikum einlädt, gemeint habe – aber wenn das Publikum das Gefühl hat, daß sich derjenige, der im Moment da ist um es zu unterhalten, nicht um es kümmert, reagiert es natürlich dementsprechend wie vom DJ entnabelt. Zum Djing gehört mehr, als nur die Technik zu beherschen. Beim Auflegen geht es darum, selbst Spaß zu haben, dies dem Punlikum zu zeigen, auf dessen Reaktion wiederum aufmerksam zu reagieren und eine Verbindung zu schaffen. Wer glaubt, er könne sich einfach mal hinter den Mischer stellen und ein paar Nummern spielen, die demjenigen selbst halt gefallen, macht sich, oft unbewußt, über das Handwerk des Auflegens lustig und spottet den etlichen Stunden und der vielen Mühe, die andere, die eine gewisse Qualität genauso wie eine gewisse Partytauglichkeit zum Anspurch haben, investieren. Ich gehe deshalb genauer auf den Punkt ein, weil ich denke, daß der vor 4 oder 5 jahren aufgekommene Trend zum DJtum bei DJs genauso wie beim Publikums zu einer erheblichen Einbuße der Qualität geführt hat und die Leute sich wieder bewußt machen müssen, daß es nicht reicht – gerade weil die neuen technischen Möglichkeiten das Auflegen so vereinfachen werden – sich hinzustellen und eigene Visionen zu verwirklichen und damit aufs Publikum zu defäkatieren. Wenn es viele Djs gibt, die diese Qualität nicht bringen können, gewöhnt sich auch das Publikum daran, Einbußen diesbezüglich hinzunehmen, was die Partys in weiterer Folge uninteressanter macht. Die DJs, die dann beginnen werden aufzulegen, lernen gleich gar nie die Qualität erkennen zu können und sehen die im Durchschnitt gesunkene Qualität als Vorgabe.
Dies zeigt sich zum Beispiel, daß der in den 90ern noch verbreitete Satz “Der Name ist Wurscht, die Musik ist wichtig!†sich umgekehrt hat zu: “Der Typ hat grad einen Hit gelandet und steht in den Decks-Charts ganz oben, der muß eingeladen werden, der ist sicher ein geiler DJ!†Was hat das Produzieren mit dem Auflegen zu tun? Es gibt geile Djs, die Scheiße produzieren und, was noch viel wichtiger ist: es gibt viele Produzenten, die ihre Sache im Studio gut machen, aber einfach echt nicht spielen können! Die Leut, die auf die Partys gehen hören eingermaßen netten Sound und halten es für das Ultimative, ohne in den Genuß eines wahrhaften DJ-Sets zu gelangen, das sich anders darstellt, als die meisten Produzenten zu präsentieren vermögen. Aber die Leute gewöhnen sich an diese Herangehensweise, forcieren sie sogar noch und stetig sinkt dadurch der Anspruch an die Qualität der Partys, in weiterer Folge, des Punlikums und in letzter Instanz der neuen DJs, die durch diese Partys dazu gebracht werden, auch Auflegen zu wollen. Die düstere Rekursion nimmt ihren Lauf und enden wird alles in Selbst-Verdauung.
Es geht um mehr, als sich nur hinter den Mischer zu stellen und wie ein Wurlitzer ein Nummer nach der anderen zu spielen – und dann auch noch ohne eine gewisse Demut vor dem Sound, vor dem Publikum und vor anderen DJs. Der DJ ist Dienstleister und hat die Party, den Klub, die Leute zu respektieren. Dazu gehört, sich Gedanken um den Ablauf der Party zu machen; warum muß ein Warm-up-DJ schon dahinbrettern, wie der, der um 3 in der Früh spielt? Die langweiligsten Abende sind die, wo so wenig Dynamik nicht nur in den einzelnen DJ-Sests sondern im ganzen Abend an sich liegt, daß man die letzte Nummer der Party ohne Probleme auf die erste mischen könnte. Wer das jetzt nicht versteht sollte sich vor Augen halten, daß alles seinen Aufbau braucht. Auf einen mit 180 km/h vorbeifahrenden ICE kann man nicht aufspringen, er muß die Leute abholen und gemütlich in sich verstaut, mitnehmen – wenn möglich an einen Ort, an dem der Fahrgast bis jetzt noch nicht gewesen ist. DJs sind diesbezüglich genauso gefragt wie Veranstalter; wer nur in der Lage ist, stur sein Ding durchzuziehen, sollte an sich arbeiten, wer keinen Sinn für Aufbau hat, sollte sich diesen aneignen – dann wird auch wieder erkannt, was eine geile Party ausmacht und hoffentlich wieder etwas mehr Wert darauf gelegt, ebendiese (mit)bedingen zu wollen. Die vorher schon beschriebene Demut hilft dabei sich diesbezüglich wieder mehr im Klaren zu sein.
Daß das Netzwerk der vielen DJs und Veranstalter aufgrund seiner Größe eher zur Konkurrenz als zur Kooperation führt, ist offensichtlich, daß dies aber nicht unbedingt so sein muß ist allerdings nicht von der Hand zu weisen; ein Miteinander statt ein Gegeneinander hilft bei der logistischen Bewältigung der Termine und beugt dem immer mehr aufkommenden Problem der Beliebigkeit vor, das dazu führt, daß das Publikum “versickert†und keine Anhaltspunkt mehr findet, außer den Fakt, daß gewisse Locations halt gerade “gehen†- unabhängig davon, wer da jetzt welche Partys macht. - bis sie überdeterminiert sind und die Veranstalter wie die Heuschrecken die nächste sich auszubrennen bemüßigt fühlen. Wobei man sogar dieser Entwicklung noch ihr Positives abgewinnen kann, wenn die Veranstalter sich im Angesicht der Möglichkeiten, die sich durch die reine Location-Bezogenheit ergeben, anfangen würden, diese zu nutzen um andere Acts zu holen, die dem Publikum die Vielfältigkeit der Musik (auch auf eine spezielle Musikrichtung bezogen) wieder vor Augen führen könnten. Die besten Partys, auf denen ich bis jetzt war oder gespielt habe, waren die, wo die Leute dem Sound gegenüber genauso offen wie nicht gleichgütlig waren; auf denen erkannt geworden zu sein schien, was “ehrlicher Sound†bedeutet, der DJ aufgrund fortgeschrittener Reflektiertheit ehrlich zu den Leuten war - sein Ding mit der ausgereiften Technik und dem entwickelten Gefühl für Ort, Leute und Vibe der Veranstaltung angemessen präsentiert hat - und diese ehrlich abgegangen sind. Und das Ganze in Locations, die nicht schon so vollkommen vorbelastet waren, daß man quasi schon wußte, wann welche Nummer gespielt werden wird. Ich halte einen gesunden Idealismus und auch einen gewissen Anspruch an sich selbst als DJ und Veranstalter genauso wie als Gast und vor allem ans Publikum für erstrebenswert um der lauen Abflachung der Qualität der Herangehensweise der DJs, der Veranstalter und der Crowd vorzubeugen. Wie anfangs schon erwähnt würde ich mich freuen, diesbezüglich entweder Zuspruch zu bekommen, oder meine Ansichten bestätigt zu sehen indem sie kritisiert werden.Adrian Flux (adrianflux@houztekk,com)E R G Ä N Z U N G:Da ich nun schon etwas Feedback bekommen habe und mir dabei aufgefallen ist, daß manchen meine Motive undurchsichtig sind und auch sonst aus Mißverständlichkeiten heraus manches - zum Glück, denn das bedeutet daß den Text einige gelesen und sich auch ein paar Gedanken darüber gemacht habe! - kritisiert wurde, möchte ich nun noch ein paar Anmerkungen ergänzen: Ich schreibe hier nichts neues, will weder das Djing noch das Rad neu erfinden; das Ganze sollte eine Art Appell darstellen, zugegeben vielleciht einen etwas idealistischen – und Appelle sind zeitlos und doch immer wieder notwendig! Ich erhebe keinerlei Anspruch auf Universalität, möchte keine Letztbegründungen liefern oder überhaupt mir zu sagen erdreisten, wie den jeder machen soll, was er glaubt machen zu müssen. Ein Vorschlag, in die Weiten des Diskurses geschickt, ist alles, was mir im Sinn steht. Daß das Feld der Unterhaltungsindustrie zu diversifiziert ist, um eine homogene Struktur aufscheinen zu lassen, ist klar und ich bin selbst ein großer Verfechter von Heterogenität. Deshalb freue ich mich über andere Ansichten und stehe jederzeit gerne Rede und Antwort, lasse meine eigenen Ãœberzeugungen gern erweitern und wenn es sein soll sogar umstoßen. Ich spreche hauptsächlich aus meiner eigenen Erfahrung, leite von meinen persönlichen Erfahrungen ab und schreibe von meinem Standpunkt aus; glaube aber doch wenigstens ein paar interessante Dinge anzusprechen in der Lage gewesen zu sein. Ein zweiter Punkt der mir von einem guten Bekannten gerechtfertigterweise beim Auflegen vorgeworfen worden ist, ist meine Einstellung gegenüber den “Hitsâ€, die ich angesprochen habe. Ein Hit im negativen ist für mich ein Track, der in den meisten (nicht allen) Fällen auf jeden Fall einem qualitativen Anspruch gerecht wird, der aber zu viel gespielt, zu sehr fetischisiert oder zu sehr von dem anstrahiert wird, was er ist (so wie es mit manchen DJs auch passiert). Epidemieartig breiten sich diese Tracks aus und verschwinden oft wieder genauso schnell wie sie aufgekommen sind. Auf der anderen Seite gibt es im Positiven “zeitlose†Hits, die immer wieder funktionieren, manchmal jahrelang nicht, dann wieder, oder immer, usw. Tracks, die keiner speziefischen Zielgruppe zugeordnet werden können, die meistens jeder kennt und die abseits von jeglicher Orientierung zur Musik oder zur Attitüde schlechthin eine gewisse Dauerhaftigkeit besitzen. Das eine sollte bei meiner Argumentation vom anderen unterschieden werden. “Zietlos†heißt hier auch wieder nicht: universell und immer gültig, weil sich die Zeitlosigkeit paradoxerweise ja auch wieder mit der Zeit verändet (Vor zehn Jahren galten andere Tracks als zeitlos als in zehn Jahren). So wie beim Auflegen überhaupt es zwei grob unterscheidbare Einteilungen abseits von aller Musikrichtung zu geben scheint (nicht elektronisch, Stromgitarrensound, oder minimal, techno, hardtech, usw), nämlich die ob etwas fährt (nicht an Härte aber an “Überzeugungskraftâ€) oder nicht. Eher in dem Sinne sollten Hits verstanden werden, die wie gesagt nicht Kultobjekte darstellen sollen, aber vom geschulten Ohr erkannt zu werden getrachtet werden sollten, was wiederum einen guten DJ ausmacht – und das in der heterogensten, aber auch qualitativ anspruchvollsten Weise, die jedermanns eigeen Ansatz gemäß möglich ist.