Zitiert von Amnesty International:Dieter Riechmann, der jetzt von der Anwältin Terri L.Backhus vertreten wird, hat bei dem Obersten Gericht Floridas eine Eingabe auf Aufhebung des Urteils und die Gewährung eines neuen Prozesses gemacht, und zwar auf Aufhebung des Schuldspruchs, nicht nur des Strafmaßes. Dies wird in den USA generell in zwei verschiedenen Verfahren entschieden. Für Mord ersten Grades, zu welchem Riechmann verurteilt worden war, gibt es in Florida nur zwei Alternativen: Die Todesstrafe oder lebenslängliche Haft ohne die Möglichkeit einer Begnadigung (life without parole).In den Gerichtsakten des Obersten Gerichtshofes von Florida (Florida Supreme Court) ist nachzulesen:Dieter Riechmann wurde am 4. November 1988 in Florida für den Mord an Kersten Kischnick zum Tod verurteilt. Kersten Kischnick wurde am 25. Oktober 1987 in Miami Beach erschossen. Sie saß auf dem Beifahrersitz eines von Riechmann gemieteten Wagens. Riechmann gab an, ein Unbekannter habe Kischnick erschossen, als sie in Miami Beach anhielten, um nach dem Weg zu fragen. Er sagte, er sei nach dem Schuss in Panik durch Miami gefahren, um Hilfe zu suchen. Riechmann konnte aber keine genauen Angaben über Einzelheiten und den Ort des Geschehens machen.Riechmann und Kischnick, die seit dreizehn Jahren zusammenlebten, waren aus Deutschland nach Florida gekommen, um Urlaub zu machen. Die Staatsanwaltschaft glaubte, Riechmann habe sie aus Geldgier erschossen. Sie sagten, er sei Kischnicks Zuhälter gewesen und er habe sie umgebracht, als sie nicht länger als Prostituierte arbeiten wollte. Außerdem habe Riechmann in den Jahren zwischen 1978 und 1985 auf Kischnick hohe Lebensversicherungen abgeschlossen. Diese Versicherungen definierten Mord als Unfalltod, so dass ihm also auch im Fall ihrer Ermordung das Geld zustand. Zudem hatten Riechmann und Kischnick im Juni 1987 einen notariellen Vertrag abgeschlossen, der sie gegenseitig als Alleinerben einsetzte. Und Riechmann hatte das Auto mit seiner Kreditkarte gemietet, wobei auch die Insassen versichert waren.Die Polizei hatte in Riechmanns Motelzimmer drei Schusswaffen mit Munition gefunden. Ein Experte fand heraus, dass das Geschoss, mit welchem Kischnick getötet wurde, von derselben Art war wie die in diesem Zimmer gefundene Munition und zwei der drei Schusswaffen vom selben Typ wie die vermutliche Tatwaffe. An Riechmanns Händen wurden Schmauchspuren gefunden, was nach Meinung der Verteidigung allerdings nur bewies, dass er sich in der Nähe der Waffe befand, als sie abgefeuert wurde. Blutspuren auf der Fahrerseite des Wagens hätten sich nach Aussage eines Serologen nicht dort befinden können, wenn jemand auf dem Fahrersitz gesessen hätte.Die Staatsanwaltschaft hatte folgende Theorie aufgestellt: Riechmann habe in einer abgelegenen Gegend angehalten, sei ausgestiegen und auf die Beifahrerseite gegangen. Dort habe er Kischnick mit einer Taschenlampe geblendet und sie durch das teilweise geöffnete Fenster erschossen.Spätere Ermittlungen:Nach der Verurteilung ging Dieter Riechmann den Weg durch die Instanzen auf Überprüfung des Urteils. Ein neuer Anwalt konnte nachweisen, dass viele Beweise, vor allem die ballistischen und serologischen Gutachten, nicht haltbar waren. Ein Hauptbelastungszeuge, ein Zellengenosse Riechmanns während der Untersuchungshaft, hatte behauptet, Riechmann habe gejubelt, er sei jetzt Millionär. Dieser Zeuge hat inzwischen ausgesagt, das sei frei erfunden gewesen. Man habe ihm für diese Aussage Vergünstigungen in seinem eigenen Fall versprochen. Er lebt jetzt allerdings nicht mehr in den USA, da ihm dort weitere Anklagen drohen. Ein Privatdetektiv hatte Augenzeugen des Mordes gefunden. Seit 1997 hat auch der deutsche Journalist Peter F. Müller den Fall recherchiert. In seinem Film "Todesstrafe für eine Lüge" bringt er viele Einzelheiten, welche dagegen sprechen, dass Riechmann der Mörder ist, wie korrumpierte Zeugen, verschwundene Beweismittel, schlampige Gutachten und der Verteidigung vorenthaltene Berichte und Aussagen.Der Zeuge Hilton "Pookie" Williams:Ein polizeibekannter Drogenhändler, Hilton Williams, hatte sich 1996 gemeldet, da von dem damaligen Anwalt Riechmanns eine Belohnung ausgesetzt worden war, wenn jemand zur Aufklärung des Falles beitragen könnte. Williams sagte unter Eid aus, er habe in jener Nacht den Mord beobachtet. Ein Auto habe in der Gegend, in der sich Drogenhändler mit ihren Kunden trafen, angehalten. Ein Schwarzer sei an die Beifahrerseite des Wagens getreten und habe sofort in das Auto hineingeschossen. Der Fahrer habe daraufhin Gas gegeben und sei mit hoher Geschwindigkeit davongefahren.Auch andere Zeugen hatten ähnliche Aussagen gemacht. Hilton Williams hat seine Aussage später noch zweimal wiederholt, jedesmal unter Eid. Peter F.Müller gegenüber ging er sogar noch weiter: Er präsentierte diesem den angeblichen Mörder, der in einem Interview den Mord zugab. Dann, im Jahr 2002 bei einer Anhörung vor Gericht, wollte Williams von all dem nichts mehr wissen: Er habe seine Aussagen nur gemacht, um die Belohnung zu kassieren und weil er sich wohl auch von dem Journalisten Geld versprach. Alles sei frei erfunden gewesen. Hilton Williams stand zu dieser Zeit selbst wegen verschiedener Delikte unter Anklage, welche ihm dreißig Jahre Gefängnis hätten einbringen können. Vor der Rücknahme seiner Aussage hatte er ein Gespräch mit der Staatsanwaltschaft. Nach ein paar Monaten war er ein freier Mann: Einige Anklagepunkte waren zurückgenommen worden, der Rest durch die Untersuchungshaft verbüßt.2004 hat Peter F.Müller Hilton Williams noch einmal getroffen und interviewt. Natürlich, er habe seine Riechmann entlastenden Aussagen nur zurückgezogen, um selbst frei zu kommen. Williams ging diesmal sogar noch weiter: Er beschrieb das Geschehen am 25.Oktober 1987 noch einmal. Riechmann sei nicht zufällig in dieser abgelegenen Gegend gewesen, sondern dort zu einem Drogenhandel verabredet gewesen. Und zwar mit ihm, Hilton Williams. Er sei es auch gewesen, der Kersten Kischnick erschossen habe. Für die Vorhaltung Müllers, er habe da gerade vor laufender Kamera einen Mord gestanden, hatte Williams nur ein Achselzucken: Deutschland ist weit weg. Und vor Gericht würde er diese Aussagen natürlich nie machen.Ermittlungen in der Bundesrepublik Deutschland:Letzten Endes war Riechmann auf Grund eines Motivs verurteilt worden, welches die Anklage aus Ermittlungen in Deutschland konstruiert hatte. Diese Ermittlungen waren allerdings unter Verletzung internationaler Verträge und Abkommen durchgeführt worden. Da nach seiner Verhaftung wegen des Mordes nur ein Monat Zeit blieb, stichhaltige Beweise für eine Anklage zu bringen, holte man sich die Erlaubnis für die Ermittlungen durch ein schlichtes Fax des FBI an die Lörracher Behörden. Dort, in einem kleinen Ort in Südbaden, lebte Riechmann seit einigen Jahren mit Kersten Kischnick. Der offizielle Antrag werde nachgereicht. Es kam niemals etwas nach. Kein Wunder: Deutsche Behörden dürfen keine Amtshilfe leisten, wenn dem Angeklagten die Todesstrafe droht. Es sei denn, der anfordernde Staat verpflichtet sich, diese weder zu beantragen noch zu verhängen.Der Stand des Verfahrens heute:Dieter Riechmann, der jetzt von der Anwältin Terri L.Backhus vertreten wird, hat bei dem Obersten Gericht Floridas eine Eingabe auf Aufhebung des Urteils und die Gewährung eines neuen Prozesses gemacht, und zwar auf Aufhebung des Schuldspruchs, nicht nur des Strafmaßes. Dies wird in den USA generell in zwei verschiedenen Verfahren entschieden. Für Mord ersten Grades, zu welchem Riechmann verurteilt worden war, gibt es in Florida nur zwei Alternativen: Die Todesstrafe oder lebenslängliche Haft ohne die Möglichkeit einer Begnadigung (life without parole).Hebt der Richter das Urteil auf und ordnet ein neues Verfahren an, bedeutet das, dass alte Beweise und Zeugenaussagen neu vorgelegt werden müssen, wenn sie jetzt noch existieren und zulässig sind. Die Ermittlungen in Deutschland etwa müssten nach einem offiziellen Antrag neu durchgeführt werden. Zu diesem Problem hat sich jetzt die Regierung der Bundesrepublik ausführlich in einem "amicus curiae brief" zugunsten von Dieter Riechmann geäußert, welcher dem FSC neben der eigentlichen Eingabe von Riechmann und der Antwort der Staatsanwaltschaft vorliegt.Es geht in dem jetzt anhängigen Verfahren also noch nicht um Schuld oder Unschuld von Dieter Riechmann und auch nicht darum, ob er in irgendwelche dunklen Geschäfte verwickelt war. Es geht darum, ob genügend neue Beweise und Zeugenaussagen vorliegen, welche die juristischen Hürden für einen neuen Prozess überstehen. Hilton Williams ist gewiss ein solcher Zeuge. Die Staatsanwaltschaft erkennt ihn nicht an, da er ja seine Aussagen zu Gunsten von Riechmann widerrufen hat. Aber wenn man diesen Widerruf anerkennt, hätte man Williams wegen Meineids anklagen müssen. Und das ist nie geschehen.Dieter Riechmann wurde 1987 zu unrecht zum Tode verurteilt. Immer wieder werden seine Anträge auf Wiederaufnahme des Prozesses aufgrund grober Verfahrensfehlern wie Falschaussagen, Korruption und Vortäuschung falscher Tatsachen abgelehnt. Am 20.9.2007 wurde nun seine wahrscheinlich letzte Chance auf Freiheit und Recht zerschlagen. Der Supreme Court hat seinem Antrag auf Wiederaufnahme nicht entsprochen.Für weitere Informationen: http://www.dieter-riechmann.com/ http://riechmann.blogg.de/rss.xml http://menschenrechte.blogg.de/eintrag.php?id=936 http://www3.ndr.de/ndrtv_pages_std/0,3147,OID2284672,00.html
Recht und Freiheit
Übernommen von MICHAEL REMKE:Miami – „Ich bin unschuldig“, beteuert Dieter Riechmann – seit fast 19 Jahren. So lange sitzt der Mann aus Hamburg bereits wegen Mordes an seiner Freundin Kersten Kischnick im Todestrakt des Staatsgefängnisses von Florida. Vergangenen Donnerstag hat das Oberste Gericht des Sonnenstaates erneut Riechmanns Einspruch gegen sein Todesurteil zurückgewiesen. Für den mittlerweile 62-jährigen Riechmann zerstört das die Hoffnung auf einen neuen Prozess, auf Freilassung.Für die 40-seitige Begründung, die BILD am SONNTAG vorliegt, brauchten die Richter 14 Monate. „Das ist eine herbe Niederlage für uns“, sagte Riechmanns Anwältin Terri Backhus (52) zu BamS, kündigte aber an, „notfalls bis zum US Supreme Court“, dem Obersten Gericht in Washington, zu prozessieren, um ihren Mandanten zu retten. Es wäre die letzte Chance, eine kleine.Riechmann, der die Häftlingsnummer 113993 trägt, dürfte die zweite Ablehnung schwer getroffen haben. Mit neuen Beweisen wollte er einen neuen Prozess. Vergeblich.Rückblende: 25. Oktober 1987. Dieter Riechmann, ein Mann mit Kontakten ins Hamburger Rotlichtmilieu, macht mit seiner Freundin Kersten Kischnick (†31), einer Prostituierten, in Miami Urlaub. Sie sitzen im Café „Jardin Bresilien“. Gegen 22.00 Uhr fährt das Paar in einem Leihwagen, einem rotem Ford Thunderbird, davon. Kurz darauf wird Kischnick erschossen. In den Polizeiakten wird die Todeszeit mit 22.32 Uhr festgehalten. Zu dieser Zeit hält Riechmann an einer Kreuzung von Miami Beach. Nicht die beste Gegend, hier tummeln sich Prostituierte, Junkies, Drogendealer. Riechmann sagt, er habe sich verfahren, deshalb einen Mann nach dem Weg gefragt. Plötzlich habe der eine Waffe gezogen, geschossen. Kersten Kischnick trifft die Kugel am rechten Ohr. Riechmann gibt Gas und irrt, wie er sagt, „eine halbe Stunde umher, auf der Suche nach der Polizei“.„Helfen Sie mir, helfen Sie mir, ohmein Gott, mein Mädchen!“, schreit Riechmann, als er auf eine Streife trifft. Sie alarmieren sofort den Notarzt, die Hilfe kommt zu spät.Die Ermittler werden misstrauisch. Warum fährt Riechmann 30 Minuten durch Miami? Warum fuhr er nicht ins Krankhaus? In seinem Hotelzimmer finden sie drei Pistolen vom Kaliber 38 und Munition. Ein Waffenexperte sagt vor Gericht, dass „die Kugel, die Kischnick getötet hat, aus einer der Waffen stammen könnte“. Sicher ist er sich nicht. Darüber hinaus belasten Riechmann Schmauchspuren an der Hand, die durch das Abfeuern einer Waffe entstehen können sowie Blut an der Fahrertür.Das Mordmotiv liefert die deutsche Polizei. In der Wohnung des Paares findet sie Versicherungspolicen. 1,78 Millionen Dollar würde Riechmann beim Tod seiner Freundin kassieren. „Ich bin bald Millionär“, soll er in U-Haft seinem Zellengenossen Walter Smykowski erzählt haben. Er habe, so der spätere Kronzeuge, „glücklich in der Zelle getanzt“.Den zwölf Geschworenen reicht das. Mit neun zu drei Stimmen sprechen sie Riechmann im November 1988 schuldig, verurteilen ihn zum Tode. Zurzeit sind jedoch unter anderem in Florida alle Hinrichtungen mit der in diesem US-Staat üblichen Todesspritze ausgesetzt. Grund: Bei der letzten Exekution im Dezember 2006 kämpfte ein Verurteilter qualvolle 34 Minuten lang gegen den Tod, bevor er starb. Erst nach Untersuchung dieses Falles soll die Todesstrafe wieder vollstreckt werden.Auf eine dauerhafte Aussetzung seiner Strafe will Dieter Riechmann aber ohnehin nicht hoffen – er will frei kommen. In Florida sitzen Todeskandidaten im Schnitt zwölf Jahre in der Todeszelle, Riechmann schon sieben Jahre länger.Das deutsche Konsulat in Miami, das sich zu der aktuellen Entscheidung gegenüber BILD am SONNTAG nicht äußern wollte, hilft Riechmann bei der Verteidigung. Das Auswärtige Amt soll bereits 300 000 Euro für Anwälte gezahlt haben.Vor dem Gericht in Florida argumentierte Riechmanns Anwältin Backhus, ihr Mandant sei Opfer einer „Serie von krassen Fehlern, Verstößen und Täuschungen“. So habe Smykowski, der Kronzeuge der Anklage, seine Aussage vom „tanzenden Riechmann“ längst widerrufen. Die Anklage habe ihm „Hafterleichterung und Geld“ angeboten, sagt er.Andererseits sind auch die „Tatzeugen“, die Riechmann entlasten, für die Richter kein Grund, das Urteil aufzuheben. So behauptete einer, er habe gesehen, wie ein anderer Mann Kersten Kischnick erschossen habe. Später gab er an, dass er „von dem Mord gehört, ihn aber nicht gesehen habe“. Unglaubwürdig erscheint auch eine weitere Zeugin, die „zwei junge Schwarze“ als Täter beschuldigte. Bei der Frau handelt es sich um eine drogensüchtige Prostituierte.Verteidigerin Backhus gibt nicht auf. „Wir werden den Richtern erklären, bei welchen Punkten sie falsch liegen“, sagt sie selbstbewusst. „Wir werden kämpfen. Das ist nicht das Ende.“
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