Salomea Genin ...
wurde 1932 als Kind armer polnisch-russischer Juden in Berlin geboren. Im Mai 1939 flüchtete sie mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten nach Australien.
In Melbourne wurde sie 1944 eine glühende Jungkommunistin und trat 1949 der Kommunisten Partei bei, als diese gerade verboten werden sollte. 1951 war sie Mitglied der australischen Delegation zu den Weltjugendfestspielen in Ostberlin und von der DDR begeistert. 1954 kehrte sie nach Berlin zurück, um in der DDR ein besseres, antifaschistisches Deutschland mitaufzubauen, aber die DDR ließ sie nicht hinein.
Sie lebte zunächst in Westberlin - und zeitweise in England -, bevor sie 1963 endlich nach Ostberlin übersiedeln durfte und Mitglied der SED wurde. 1982 kam die Erkenntnis: sie hatte mitgeholfen, einen Polizeistaat zu schaffen! Und wurde suizidal.
1985 fand sie Hilfe durch Psychotherapie und schrieb ein Buch über ihre Familie:
"Scheindl und Salomea" (Fischer-Taschenbuch). Seither liest sie daraus öffentlich. Erst im Mai 1989 fand sie den Mut, aus der SED auszutreten und wurde Mitglied des Neuen Forum. Im Programm "Zwischen allen Stühlen", eine Art Fortsetzung des ersten Buches, erzählt sie ihre widersprüchliche Geschichte bis zum Heute.
Bücher und Lesung
Scheindl und Salomea - Bilder einer jüdischen Familie
Salomea liest aus ihrem bei Fischer erschienenen gleichnamigen Buch. Es erzählt vom Schtetl, von Konflikten zwischen Moderne und Tradition, es ist ein Mutter-Tochter-Buch und es zeigt das Nazi-Berlin aus der Sicht eines 5-jährigen jüdischen Mädchens.
Aus Erzähltem und Verschwiegenem, aus Wissen, Gefühl und Phantasie spürt Salomea der Geschichte ihrer Großeltern in Lemberg/Galizien nach. Sie beschreibt das bewegte Leben ihrer Mutter Scheindl und das ihrer Schwestern - und ihre eigene Kindheit am Vorabend des Zweiten Weltkrieges in Berlin, von wo aus sie sich mit knapper Not im Mai 1939 nach Australien retten konnten.
Seit 1987 hat Salomea Genin unzählige Lesungen aus ihrem Buch, das im Jahr 1939 endet, gemacht. Das Publikum war stets bewegt von der Unmittelbarkeit von Salomeas Geschichten. Jeder will wissen, wie es dann weitergeht, das zeigten die Diskussionsrunden danach. Inzwischen gibt es die Fortsetzung als Manuskript Zwischen allen Stühlen.
Karsten
Troyke singt jidische u.a. Lieder dazu, Gitarre: Jens-Peter Kruse.
Zwischen den Stühlen
Ein Leben in Berlin - Australien - England - Westberlin - Berlin/BRD - Berlin/DDR... Salomea ist bis heute fast die Einzige, die offen spricht über ihre Rolle als Klassenkämpferin und IM der Staatssicherheit. Wer es weiß, weiß es nur durch sie. Aber es geht um mehr: Was ist aus den Hoffnungen auf eine bessere (kommunistische) Welt geworden? Was bedeutet Identität? Wie verloren fühlt man sich als Emigrant? Was braucht der Mensch wirklich?
Salomea Genin
Karsten Troyke
Salomea Genin liest Geschichten aus diesem brüchigen Leben (unveröffentlichtes Manuskript). Karsten Troyke singt auch hier die Lieder, die ihr Leben begleiteten. Gitarre: Jens-Peter Kruse.
Nach
einer Aufführung im Hackeschen Hof Theater Berlin schrieb Bettina
Wegner (Liedermacherin):
"... Deine Lebens-Geschichte (ist) so wichtig, weil Menschen, die so
davon erfahren, was kapieren können. Über Deutschland, über
Verlassenheit, über Fremdsein und vor allem über LIEBE."