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9 Tage

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Zu viele Geheimnisse im hängenden Garten Auf dem S-Bahnhof Schönhauser Allee, Abgang Richtung Colloseum, hängt ein inzwischen verblichen-grünliches Plakat, das auf die Freilichtbühne Berlin-Weißensee einlädt. Am 1. Mai 1989. Das Blättchen hat die Revolution überstanden, die eben hier einen Fix- und Startpunkt hatte, und es hat den rechten und linken Plakatabreißern widerstanden, vielleicht einfach deshalb, weil es hoch über der Treppe hängt. Oder weil grün beruhigt. Die Skeptiker, Sandow und Neun Tage avisiert das historische Blatt also noch immer. Wer weiß, vielleicht wird es noch 900 Tage alt, oder landet in einem noch zu gründenden Revolutionsmuseum. In 9000 Tagen, vielleicht. Oder nach der Revolution No.9? Oder 1999, wenn Prince König von Deutschland ist? Aber die Band Neun Tage hält sich da lieber an Handfestes: Dead Can Dance, Residents, Tuxedomoon, Kraftwerk, Throbbing Gristle, Human League. Und Klaus Schulze. Und Georg Katzer. Der Elektronik wegen.Mit der Ignoranz der Medien lebt Neun Tage nun schon fast zweiJahre. Die Ausnahme von der Regel heißt auch hier Lutz Schramm. Am 28. Oktober ,89 verzeichnet seine Playlist »The Soldier« von der zweiten Demo-Kassette der Band, die ebenso betitelt ist. Rene Glofke und Taymur Streng singen von der Sinnlosigkeit des Soldat-seins, gegen Kriege jeglicher Couleur, gegen die Vernichtung der Umwelt. Bandchef Rene spricht von Dark Wave, ohne eine Schublade aufziehen zu wollen. Und ohne Düster-Pop betreiben zu wollen. Und irgendwie paßte Neun Tage an diesem (denk)würdigen 1. Mai auch nicht auf die sonnige Freilichtbühne. Da fühlten sie sich im »Gerard Philipe«, beim Blanco Cheque oder beim HdJT-Hausfest schon besser plaziert. Der fast konsequenten Funk-Stille entspricht eine Abwarte-Haltung vieler Veranstalter. Wer weiß, irgendwann braucht Neun Tage wohl einen Manager. Oder haben sie sich schon an das Soundtüfteln in Taymurs Wohnung, Hinterhaus, vier Treppen, gewöhnt? Aber musikalische Selbstbefriedigung ist auch Taymurs Sache nicht. Zur Zeit basteln sie an einem neuen Programm, mit Hintergrundprojektionen. Andre Hytry und Marco Limberg gehören deshalb de facto zur Band. Neben Taymur Streng, Rene Glofke, Mike Sauer (alle Keyboards und Gesang), Ingo Sauer (Baß) und Sebastian Lange (Gitarre) Letzterer, im »Hauptberuf« bei Die Vision, ist als Gast in der Band Zeitweilig auch der Perkussionist Sven Schwebel dabei. »The Soldier« klingt schon irgendwie »schöner«, ohren-gefälliger durch Sebastians Gitarre ohne an Biß und Dynamik zu verlieren. Bo Müller war ihnen bisher ein guter Partner, zur Zeit arbeitet sich Ingo als neuer Techniker ein. Ein Teil der Musik kommt aus dem Computer, aber Neun Tage stehen auf Handarbeit. Im Konzert ist Mike vor allem für die Melodieführung verantwortlich, Taymur für Geräusche und special effects, die anderen weben emsig am Sound-teppich. Im Gegensatz zu anderen »Vollelektronikern« jagt Neun Tage nicht nach ständig neuer Technik. Ihr Ehrgeiz liegt vielmehr darin, aus dem vorhandenen Instrumentarium das Beste herauszuholen, verschiedene Technik-Generationen optimal miteinander zu koppeln. Natürlich: MIDI, Drumcomputer... Aber die Rechnung »Je größer der Apparat...« geht bei ihnen nicht auf. Wichtig ist und bleibt die Arbeit am musikalischen Detail. Im Lindenpark Potsdam hatten sie mal ein Konzert, »Art Between«, mit AG Geige,Terror Dream und Die Art - »eine gute Konstellation«, wie sich Taymur erinnert. Er macht seit 1984 Musik,hat mit Rene und Uwe Geyer angefangen, mit selbstgebauten Instrumenten und ganz »normaler« Rockmusik. Irgendwas Feld-graues kam dazwischen... Erster großer Auftritt dann im Berliner Club 29, im September 1988.Eine Vertonung von Heinrich Heines » Lyrisches Intermezzo« war wichtig, wie auch Taymurs Bekanntschaft mit Georg Katzer. Die Texte: Auseinandersetzung mit der Literatur des 19. Jahrhunderts, mit Metaphysik und Gegenwart. Als Gegenpol zu Disko-Gleichmaß. Intellektuell, ohne abzuheben. Taymur: »Wir machen Musik für die Leute und für uns.« Ein Ab-zweig ist LAmbassadeur des Ombres. Und auf meinem Kassettenmitschnitt »The Soldier« folgt nach dem letzten Ton von »Many Are The Thoughts« Muddy Waters. Brutal. Wer mag sich das reingezogen haben, als Kontrastprogramm vielleicht? »Too many secrets, too many lies in the hanging garden « Zeilen aus Neun-Tage-Songs. Einige ihrer Titel könnten sie sich, neu produziert, auch vinylisiert vorstellen. Als wirklich eigenes, rundes Produkt. Nicht anders. RAINER BRATFISCH Journal 0590-------------------------------------------------------- -----------------------------------BESETZUNG: - Taymur Streng = Synth, Sequenzer, Vox - Rene Glofke = Synth, Drum, Vox - Mike Sauer = Synth, Drum, Back-Vox - Sven Schwebel = Drum - Ingo Sauer = E-Bass - Anne Kunz = Sax, Back-Vox ____________________________________________________________ ____ ____________________________________________________________ ____ ..

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