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Farhang

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StraßencafeSitzen auf der Straße ist heut zu Tage nicht etwas Außergewöhnliches. Jede sitzt irgendwann auf der Straße. Aber weil wir heute sehr optimistisch aufgestellt? Hergestellt? Eingestellt sind, nehmen wir mal an, dass wir aus Vergnügung auf der Straße sitzen, und nicht aus irgend einem bekannten oder weniger bekannten Fall, den aber jeder bald auf eigener Haut und Nerven zu spüren bekommen wird. Ja, sitzen auf der Straße. Meine Nachbarn sitzen fast nie auf der Straße. Sie sind auf eine sehr merkwürdige Art und Weise abergläubisch. Einmal auf der Straße, hieß es bei denen, immer auf der Straße: die Straße, auf die man arbeitlose Akrobaten, Akkordarbeiter, akkuraten Angestellten, Akteure, Artisten, ja sogar Akademiker werfen kann. Nein, bitte entschuldigen sie, wir wollten optimistisch sein! Ja dann die Straße, von der man Amtsrichter, Aristokraten, Adjutanten, Admiralen, Administratoren, Advokaten, anonymen Alkoholiker und Anthropologen auflesen kann. Wie auch immer, meine Nachbarn wollen nicht auf der Straße sitzen. Wir wollten optimistisch bleiben. Die Augen nach vorn. Ein Platz an der Sonne, und das Motto, Toto, Lotto, Lotterie, Gewinnspiel wetten, tippen, einsetzen, und zechen. Mit 5 €uro werden Sie der Glücklichste aller Glücklichen, der Gewinner, der Champion, der Größte unter den Großen. Der Beste unter den Besten. Mein Auto, mein Haus, meine Versicherung, mein Finanzamt. Spenden, stiften, sponsern: Brot für die Welt, aber Wurst bleibt hier. Oh, es tut mir leid, wirklich, ich weiß es nicht, aber ich glaube, ich habe einiges durcheinander gebracht. Also, ich sitze mit Wohlbehagen auf der Straße, und auf der Berger Straße besonders. Auf der schönen langen Berger Straße. In Frankfurt. In Bornheim. Wo im Mittelalter zusammen mit 18 weiteren Dörfern die Grafschaft Bornheimer Berg gebildet wurde, wo zu dieser Zeit Henricus von Bornheim die Bornburg bewohnte. Wo am 3.10.1785 der Franzose Jean-Pierre Blanchard hier, vor den Augen von 100.000 Frankfurtern und Besuchern, vielleicht die Bürger von Gelnhausen, in einem Heißluftballon aufstieg und in 39 Minuten nach Weilburg an der Lahn fuhr. Eine Strecke, die sonst mit 14 Wegstunden berechnet wurde. Ja, in diesem Bornheim, auf der schönen langen Bergerstraße sitze ich, vielleicht bei „Tofis“, das berühmte Straßencafe mit einem traurigen Schussloch in der Wand, mit Apfelwein und einem angenehmen Duft, einer Mischung von verbrannten Spiegeleiern und Amaretto, bei dem Getümmel der gemütlichen aber stolzen Fangemeinde, „Multikulti“-Abend auf der Straße, den verspielten Intellektualisten, den Biomassenverbrauchern, den unpersönlichen Cafeklatschverbreitern morgens neben den Rollstreppen zu den U-Bahnen, im Cafebuchladen „Y“ neben „Umberto Eco“, hinter „Donna Leon“ oder zwischen Kafka und Kaffee, bei Pizza al Arabi, deutscher Suflaki, türkischer Croissant und chinesischem Handkäs mit Musik, bei Saturn, Hansa und Ali, bei Memo, der Cousine von Momo und den Hanfhemdträgern, am Türmchen, am hohen Mittelfinger des Fünffingerplatzes, mit tätowierten Bankiers, eigenbrötlerischen Studenten, ersetzbaren Arbeitern und Urlaubsgeldersparern, bei Merian, die Geliebte der Cafekante, oder hinter öffentlichen Badehäuschen, wo Kinder bei Oxfam wippen und flippen und bei Flipper Doppel Cheeseburger mit Pommes mampfen. Ja, wie gesagt, ich sitze mit Wohlbehagen auf der Straße, auf der Berger Straße. Und ab und an dort, wo die Börsianer und die Anwählten und die Kadis ihre Paragrafen kräftig herunter spülen, dort, wo der Wein die Gestalt von Justitia annimmt, und Fußballschiedsrichter nach Bier riechen, oder in der Schari-Wari Kneipe, wo die alt- aber modischen Mittelmäßigen beim Wetten und „Dari-Wari“ das Kapital verhöhnen, in Eisdielen, wo man sich die Kugel gibt, beim Ginkgo, die langsamste, schnelle Bistrobar oder im Cafe Wacker, wo die Stühle nach Müßiggang, Chanel und Spargel duften. Ja ich sitze an einem der Tische und lasse die Geschehnisse sich vor mir formieren. Einmal, an einem heißen sonnigen Nachmittag, sah ich einen Jungen auf dem Fahrrad, der fasziniert auf den weißen Slip unter dem roten Mini Rock einer Frau, die bei mir am Tisch saß, starrte, dass er nicht im Stande war, etwas anderes in seiner Umgebung wahrzunehmen. Daher hat er den Mann nicht gesehen, der von der Straße auf den Bürgersteig hüpfte. Der Junge fuhr direkt zwischen die Beine des armen Mannes. Er schrie auf und fasste sich zwischen die Beine und fiel mit seinem Gesäß auf den Tisch, wo ich und die Frau saßen. Nach dem er auf unserem Tisch mit einem merkwürdigen, gar lustigen Geräusch, knallte, aus Angst sprang die Frau an meinem Tisch schreiend auf, taumelte und fiel mit ihrem Stuhl nach hinten, meine Tasse kippte und der Inhalt, heißer Milchkaffee, floss mit heftigem Schwung über den Tisch und landete in hohem Bogen auf den weißen Slip der Frau. Durch diesen Aufprall wankend, um nicht mit dem Stuhl nach hinten zu fallen, griff meine Hand nach dem nächstliegenden Halt, der indischen Schlapperhose einer jungen Frau. Aber ich fiel trotz allen Bemühungen, zwar nicht nach hinten, aber auf die Seite und zog dabei die Hose der jungen Frau nach unten. Währenddessen versetzte meine aufgeschreckte Nachbarin einer dicken Mamma mit dem Hinterkopf einen kräftigen Stoß auf ihren weichen großen Hintern, schubste sie nach vorn und ihr Spaghetti Eis landete auf dem Schoß, genauer genommen, just auf den großen Eiern von Big Papa. Schockiert heulte er auf wie ein Wolf, riss seine Arme auseinander und versetzte seinen beiden Enkeln, links und rechts von ihm, einen so kräftigen Faustschlag, dass diese vor Schmerz in Opas Geheul einstimmten. Dann sah ich auch den Jungen wieder, der wie ein wässriger Pizzateig auf den heißen, asphaltierten Boden klatschte. Und ich sah nach einer kurzen Zeit, wie sich dort, wo sein zerschundenes Knie war, eine kleine Blutlache bildete und er wurde weiß wie Kreide und seine Lippen liefen blau an. Aber ohne sich den Schmerz anmerken zu lassen stützte er, auf dem bauchliegend, die Ellenbogen wie zwei persische Säulen auf die Erde, lagerte sein Kinn auf die Handinnenflächen und mit einem schwachen Lächeln starrte er die junge Frau an, die hastig und mit Mühe ihre Schlapperhose wieder hochzog. Wie kurios kann eine Straße sein! Man sitzt friedfertig an einem Tisch, bei einer Tasse Milchcafe und passiert aus heiterem Himmel, im wahrsten sinnen des Wortes, so etwas merkwürdiges, eigenartiges ja einfach bizarres. Aber das kurioseste ist, das dieses Ereignis für die gehenden, fahrenden und Sitzengebliebenen, die stehenden an ihren Autos oder vor den Schaufenstern, die Leute in den Geschäften, an die Bäume lehnenden, vor dem Kiosk oder Büdchen Bier trinkenden, Zeitung lesenden, die lachenden, redenden kurz alle auf dieser magischen Straße scheint dieses Fall, dieses Einschnitts normal, alltäglich gar üblich zu sein. Man schaut ein Moment hin oder hält inne und dann geht alles automatisch, wie soll ich sagen selbsttätig, von sich aus weiter. Sogar die beteiligten schütteln sie ihre Hände, Beine, Bäuche und Schultern, bringen ihre Kleider und Haare sorgfältig in Ordnung und putzen ihre Schuhe, besonders die Schuhe gewissenhaft und gründlich, mit einer gewissen Selbstverständlichkeit und tun so, als ab nicht passiert wäre. In ihren Gesichtern ist nicht außergewöhnliches zu sehen, geschweige den Schmerz oder eine jämmerliche Überraschung. Auch bei den Kindern, oder dem Opa nicht. Der Mann, der auf unserem Tisch prallte, saß einwenig später gemütlich paar Tische weiter und bestellte ein Weizenbier mit Bananensaft. Die Frau neben mir mit weißem Slip und Minerock las weiter in ihrer Zeitung. Die Ameisen schwammen weiter sogar vergnügt in der Blutlache, so wie immer wahrscheinlich. Es ist doch kurios oder? Ihr könnt sagen, was ihr wollt aber mir kommt das Leben kurios vor. Daher muss ich mir wieder diese Frage stellen, die ich damals nicht antworten konnte. Wissen sie, ich stellte mir immer noch diese Frage, und ich kann immer noch nicht beantworten. Wie ist das Leben? Wie ist tatsächlich das Leben? Ich weiß es nicht. Für mich ist... wie kann ich es sagen... ja,... es ist so, als ob ich eine Mauer bauen möchte... aber weiß ich nicht wann, und wie, oder wie hoch... und interessanter ist, dass ich auch nicht weiß, wenn sie irgendwann oder überhaupt fertig ist, steht die Mauer am Ende vor oder steht sie hinter mir. Und wenn sie mich fragen würden, ob ich es wissen werde, nach dem die Mauer fertig sei, wenn ich immer noch rückwärts ginge, stünden sie vor mir, oder wenn ich vorwärts ginge, stünden sie, die Mauer, hinter mir, es tut mir leid, aber das kann ich ihnen nicht beantworten. Ich weiß es nämlich nicht. Das ist mein Problem. Wissen sie. Daher weiß ich auch nicht, wie ist das Leben? Ist es vielleicht, so wie ich. Denn so, wie ich bin, ist kurios!!F.K Juli 06

Music:

in der Nacht ist nicht losTischdecken hängen an der Wäscheleine Lachsstreifen von dem Schnurrbart der Katze Uu- Huu, Uu-Huu schreit der Vogel in der Nacht, Die Augen sehen die Mäuse nicht die Maus der Wurm und der Wurm der Apfel nicht Uu-Hu, Uu-Hu schreit der Vogel in der Nacht, wartend steht er im Hof in der Kehle ihr Name in der Hand ein Schussel voll Blut der Mond glänzt in seinen Augen Uu-Hu, Uu-Hu schreit der Vogel in der Nacht sonst ist nicht los.

Books:

" leben geht weiter, sonst nichts!"