Ken Tamburri

Wer das Nachschlagewerk seines Vertrauens zur Hand nimmt um den Begriff „Stil“ eingehender zu beleuchten, der wird im Allgemeinen etwa folgenden Text vorfinden: Ein Stil ist eine charakteristisch ausgeprägte Art der Ausführung menschlicher Tätigkeiten oder deren Manifestationen, ausgebildet durch die - nicht immer bewusste, aber stets widerspruchsfreie - Bewertung, Auswahl und Anwendung bestimmter Ausführungsmerkmale. Was dort nicht zu lesen sein wird, ist der im Speziellen selten geradlienige Weg von einem initialen Aha-Erlebnis hin zum gegenwärtigen Stand der Entwicklung.
Hier beginnt unsere Geschichte, in einer Zeit da Mauern fielen und den Blick frei gaben über bald blühende Landschaften, da der Kapitalismus auf seinem Siegeszug maximalen Wohlstand versprach, da plötzlich alles möglich schien und sich doch rasch allenthalben Ernüchterung breit machte. Mittendrin in diesem Leck zwischen Schein und Sein erschien doch wie zum Trotz regelmäßig das Flaggschiff im Kampf gegen die Trübseligkeit um für ein paar Stunden mitzunehmen: „StepOn“ und „Ravechannel“ auf Jugendradio DT64 und Kay immer mit einem Ohr am Äther. Kaum liefen die Tracks von Marusha oder Markos Lopez schon war sie da, die Unbeschwertheit und das war einfach scharf. Der Stachel saß und bohrte immer tiefer. Linderung versprach nur Nachschub an, auf formschönen Silberlingen, konserviertem Tonmaterial.
Hart schlug die Erkenntnis zu Buche, das sich auf diese Weise längst nicht aller Schmerz stillen ließ. In äquidistanten Abständen klafften Lücken in der Kollektion und gerade die tighten Stücke ließen sich partout nur auf Vinyl bekommen, was die Situation angesichts fehlender Abspielgeräte nicht verbesserte. Blieb nur aus der Not eine Tugend zu machen und sich in akribischer Kleinstarbeit eigene Tapes zusammen zu stückeln. Genauso schnell wie sich dabei die fürs Feintuning benötigten Fingerfertigkeiten einstellten wurde klar, das Musik nur halb so schön ist wenn man sie nicht mit anderen gemeinsam erleben kann. Die Möglichkeiten hierfür boten sich allwöchentlich am Samstagabend, wenn sich die Jünger ins „E-Werk“ nach Berlin, der amtlichen Kathedrale ihres Glaubens, aufmachten. Von dort aus nahmen die Bänder ihren Weg über unzählige Hand- und Hosentaschen, bis hin zu einer deren munafizierter Träger das Potential der Melodien erahnte und eilig zur Kontaktaufnahme schritt.
Waren die Haftreibungskräfte damit überwunden und der Stein am Rollen, galt es nun selbigen in der gewünschten Bahn zu halten. Die Bewertung, Auswahl und Ausführung der dabei zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen war vor Allem eines: authentisch. Und diese Glaubwürdigkeit ist der Schlüssel zu seinem Erfolg, ob als Künstler, K*Star oder Mensch. So manifestiert sich der Stil, der jene initiale Unbeschwertheit induziert, auch heute noch immer wieder aufs neue. Nur hat Kay mittlerweile die Seiten gewechselt und sich vom Empfänger zum Sender entwickelt. Zudem betätigt er sich längst nicht mehr ausschließlich als Jäger und Sammler. Vielmehr gelang die erfolgreiche Expansion seines Schaffens in Richtung Sound-Architektur. Unter dem Decknamen „Ken Tamburri“ wurden die Climax-Eigenkreationen „72-48-12“ und „bang box“ in der Welt der Akustik verankert.
Ende Mai 2008 erscheinen auf dem Label Superfancy die Tracks "Bullenkloster" (a-side), "Streitgewitter" (b-side) und "Canterville" (b-side). Der Titel der ep ändert sich dadurch auf "Dreisam ep".