Es ist der weltgrößte Platz, um sich in eigener Selbstperfektionierung zu üben. Die myspace-Community ist nicht nur Wirtschaftsfaktor, sondern vor allem ein gesellschaftliches Phänomen. Perfekt frisierte Profile lassen oft binnen kürzester Zeit weltweite Kontaktnetzwerke entstehen. Schließlich will man »cool and nice people from all over the world« kennenlernen und sich in der eigenen subkulturellen Gruppe austauschen. Zunächst muss man jedoch seine Hobbies aufhübschen – wer will schon wissen, dass man für sein Leben gerne an den Fußnägeln kaut, die BHs der Mutter trägt oder den ultracoolen Szeneclub noch nie von Innen gesehen hat? Natürlich liest man auch gerne. Hauptsächlich Dostojewski und aufklärerische französische Romane aus dem 18. Jahrhundert. Mindestens. Und man hört natürlich auch nur die ausgefallensten Bandprojekte. Psychedelik aus monglischen Hochebenen oder wenigstens hysterischen Discopunk aus Vancouver. Schließlich muss man etwas für seinen Weltruf tun. Und für den zitiert man auch gerne aus selbstverlorener Poesie, die dem eigenen Profil eine noch viel eigenere Note verleiht. Wenn dafür gerade kein Radiohead-Zitat zu Hand ist, tut es gemeinhin auch eines von Bright Eyes: »Love..s An Excuse To Get Hurt And To Hurt | „Do You Like To Hurt?“ | „I Do, I Do“ | „Then Hurt Me!“«. Denn das leicht schizophrene Virtuelle Ich will geliebt werden. Wenigstens im gut gesicherten Modus der Internet-Gemeinde, wenn schon nicht im Leben da draußen - was ohnehin den meisten wohl nur noch aus Erzählungen geläufig ist. Der eigene In-Status erhöht sich dabei proportional zur Anzahl von Freunden, die dem eigenen Netzwerk hinzugefügt werden und die eigentlich kaum der Pflege bedürfen, schließlich schließt man auf myspace per Klick Freundschaften für die Ewigkeit. Noch wichtiger ist es allerdings, dass man von den angesagtesten Bands (oder deren Praktikanten) »ge-added« wurde und somit wenigstens gedanklich und virtuell quasi »per Du« ist. So nah war man seinen Stars noch nie! (copyright by Markus Wiludda - polarblog.de)
