Duisburg. Ruhrgebiet. Schimanski und so. Eine halbe Million Einwohner,
sechs Hochöfen, Arbeitslosenquote 14%. AussichtsreichsteGeschäftsidee:
Umzugunternehmer.
„Umziehen? Nein Danke.“ Leo Can Dive sind und bleiben rauchendeKinder der
Stahlstadt. Aufgewachsen zwischen Hochöfen und Zechen haben sichMatthias
(Gitarre, Gesang), Andy (Bass), Guido (Schlagzeug) und dernamensgebende
Leo (Gitarre) in den vergangenen Jahren eine gut funktionierende
Infrastruktur aus Freunden und Familie aufgebaut, die ihrer auf blindem
Vertrauen basierenden Gang den nötigen Rückhalt geben und Kopf undGeist
wieder geraderücken; sowas ist wichtig in Zeiten wie diesen, da die
idyllische und überschaubare Leo Can Dive-Welt mächtigdurchgeschüttelt
wird.
Schon im frühen Teenager-Alter folgten die vier dem Lockruf der Musik,
angefixt von Grunge und der anschließenden Pop-Punk-Explosion umGreen Day
und & Co. Deren Melodie, Gradlinigkeit und mitreißende Chöre haben essich
in Hirn und Mark der Leos gemütlich gemacht, und sind somit noch immerdie
elementaren Bausteine, die in Kombination mit einer Männerportion Gaindie
Basis eines jeden Leo Can Dive-Songs ausmachen. „Du wirst in keinem
unserer Songs ein Gitarrensolo finden“, erklärt Guido, „und das aus gutem
Grund: Wir können keine spielen!“ Kleiner Scherz. Natürlich beherrschen
Leo Can Dive ihre Instrumente, und zwar ganz prächtig. Das beweist auch
das dynamische halbe Songdutzend, das die Band 2005 auf ihrer erstenEP
„Gatecrasher“ parkte und damit bei einem europäischen Newcomerformatauf
MTV ordentlich punkten konnte. Obwohl das für den Lebenslauf der Band
„eigentlich nicht so wichtig war“. Man hat das halt „so mitgenommen“.
Trotzdem nicht schlecht für ein paar Kumpels, die ihre erste Show einpaar
Monate zuvor in einer Kölner Suppenküche absolvierten.
Mittlerweile steht fest: MTV hatten den richtigen Riecher. Leo Can Dive
SIND echte Talente, die ihr unvergleichliches Gespür für griffige Hooks
und mitreißend gestrickte Indie-Rock-Hymnen problemlos in die elf Songs
ihres gleichnamigen Debüts eingravieren konnten. Hier paart sich alte
Punkerschule mit der neu gewonnen Vorliebe für Pop und Pathos; hier
vereinen sich Coldplay und Bad Religion zum gemeinsamen Einsingen der
Chöre und hier krempelt Frontmann Matthias seine Seele auf links und
spuckt, speit und flüstert seine Geschichten von Liebe, Langeweile und an
der Substanz kratzender Einsamkeit. Aus dem Bauch direkt insTanzbein, ins
Moshpit oder wahlweise: auf die Couch.
Apropos Couch. Die von Sänger Matthias spielte im Entstehungsprozessdes
selbstbetitelten Debütalbums eine ganz entscheidende Rolle: Sie wurde
kurzerhand auf hochkant gestellt und somit zu Matthias’
„Wohnzimmer-Gesangskabine“ umfunktioniert. „Warum das denn?“, fragtsich
da der ein oder andere, „hatten die denn kein Studio?!“ Doch, doch, sogar
zwei! Aber wie sich das für ein Debütalbum gehört, verlief die Produktion
eher, nun, über Umwege. Nach zehn Tagen im Weilheimer Uphon-Studioziehen
Leo Can Dive nach Köln (Silencio Studio), um gemeinsam mit denProduzenten
Jochen Naaf, Tobi Kuhn und Jem an den letzten Details zu feilen undihrem
Album einen „schön saftigen Sound“ zu verpassen. Eben so, wie manauch
live klingt: Roh, direkt, schnörkellos. Bedingt durch den Studioalarm wird
Frontmann Matthias dann auf der Zielgeraden mit einem amtlichen Piepenin
den Lauschern zu einer gut zweimonatigen Zwangspause verdonnert. DieBand
macht aus der Not eine Tugend und baut Matthias’ DuisburgerStudentenbutze
kurzerhand in ein Studio um. Mit nur dem nötigsten Equipment, einemPott
Kaffee und ohne zeitlichen Druck stellt sich Matthias hinter seine Couch
und singt seine leidenschaftlichen Lieder vom „Emo Girl“, dem
„Gatecrasher“ oder dem Moment, an dem „Good Things Come To AnEnd“. Das
dürfte jedoch noch etwas dauern.
Für Leo Can Dive stehen zunächst alle Signale auf grün. Nachdem Pelle
Gunnerfeldt (Hives, Refused, Moneybrother) das Album auf ordentlich
Dezibel gemixt hat und Leo Can Dive Dank unzähliger Konzerte (unter
Anderem im Vorprogramm von den Kooks, Madsen, The Subways, LouisXIV oder
We Are Scientists) bereits eine stattliche Fanbasis im Rücken haben, fällt
das Debütalbum der vier Freunde auf fruchtbaren Boden. Gewonnen wird
schließlich auf dem Platz, und genau hier – live, auf der Bühne –
entwickeln die Songs von Leo Can Dive einen Sog, dem man sich nurschwer
entziehen kann. Wirkt übrigens auch außerhalb von Duisburg.
(flo hayler im juli 2007)
emogirl
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Leo Can Dive - Amazing
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