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Der Auftrag.
Da waren sie ja schon wieder. Diesmal musste ich sie laut und deutlich ansprechen, beim letzten Mal waren sie mir schon durch die Lappen gegangen, weil ich beim Hinterherrufen ganz vergessen hatte die Zigarette aus dem Mund zu nehmen.
„Hey! Ihr da!“, rief ich. „Bleibt stehen, sofort!“
Der mit dem dunklen Bart schaute mich ganz finster an. Trotzdem gingen sie alle fünf brav der Reihe nach in ihr Räumchen hinein und machten die Tür hinter sich zu.
Verschlossene Türen interessieren mich nicht, ich schnaufte einmal kurz vor mich hin, drückte die Klinke nach unten und trat schließlich ein. In dem kleinen Raum war dichter, düsterer Nebel. Es gab kaum Licht, irgendwo ganz hinten im letzten Winkel flackerte ein einzelnes Kerzchen zaghaft vor sich hin. Der mit dem dunklen Bart hatte mir den Rücken zugekehrt. Er klimperte irgendetwas Unbestimmbares auf irgendeinem Saiteninstrument vor sich hin. Je länger man ihm dabei zuhörte, umso dichter und undurchdringlicher wurden die Nebelschwaden um einen herum, irgendwann sah ich auch die Kerze nicht mehr. Da klopfte mir jemand von hinten auf die Schulter. Blitzschnell drehte ich mich um.
„Wer ist da?“, raunte ich in die Dunkelheit hinein.
„Ich sitze hier“, wurde mir entgegengesungen.
„Warum singst du mich an? Wo bist du?“
„Ich sitze hier …“
Ein Licht wurde angeknipst, man hätte es für eine Taschenlampe halten können. Über dem Schein der Lampe erschien jetzt ein bärtiges Gesicht mit Stirnglatze. „Habt ihr denn alle Bärte hier“, fragte ich schon fast vorwurfsvoll.
„Nicht alle“, sang das Gesicht über der Lampe mit wehmütig-klagender Stimme, „nein, nicht alle …“
„Ich habe keinen Bart“, rief es plötzlich aus der letzten Ecke des Zimmers, „dafür aber eine Doppelfußmaschine!“
Schon machte es „KLACKKLACKKLACKKLACK“ (es klang wie zwei Hölzer, die aufeinander geschlagen werden) und auf der Stelle gab es ein Donnerwetter von einem Getrommel, dass es nur so schepperte in den Ohren.
„Aaaaaaaaaaaahhh!“, machte ich.
Ich wollte gerade wieder aus der Kammer hinauslaufen, da blitzte eine weiße Hand aus dem Dunkel vor meinen Augen auf und hielt mir etwas vor die Nase. „Was ist das?“, schrie ich.
„Ohrenstöpsel“, wurde mir ins Ohr zurückgeschrien.
Gottseidank aber hörte der Trommler in dem Moment mit der Bemerkung auf, er müsse noch seine „tausend Felle stimmen“.
„Warum hast du weiße Handschuhe an?“, fragte ich den Kerl mit den Ohrenstöpseln.
„Das hätte ich ihn an deiner Stelle nicht gefragt“, sagte da eine andere Stimme. Ich schaute auf den mit dem dunklen Bart, der hatte aber bestimmt nichts gesagt, der war immer noch am Zupfen und Meditieren. Nur hin und wieder riss er ganz unerwartet den Kopf in die Höhe und heulte wie ein hungriger Wolf. „Du musst nämlich wissen“, sagte die Stimme wieder, „Wir kommen aus dunklen Wäldern. Einer von uns sogar aus einem amerikanischen. Die meiste Zeit des Tages verbringen wir in einem Erdloch. Hörst du das?“
Es erklang ein dunkles, metallisches, den ganzen Raum durchbebendes Brummen.
„Was ist das?“, fragte ich.
„Das ist das tiefe C …“
Jetzt sah ich zum ersten Mal, dass das bärtige Gesicht mit der Stirnglatze auch einen Körper hatte. „Home again. Here I step right through“, begann dieses Wesen aus dem Wald, in der Mitte des nebligen Raumes stehend, in ein Mikrofon zu singen.
Und plötzlich war noch ein anderer neben ihm, der hatte eine Bassgitarre umgeschnallt. Das musste der sein, der mich gefragt hatte, ob ich das „tiefe C“ hören könne. Die weißen Handschuhe waren auch wieder da, sie gehörten zu einem Elektrogitarre spielenden jungen Mann, der ständig auf irgendwelchen Fußpedalen herumstampfte.
Und die Trommeln, die Trommeln …
„Cut your throat! Cut your throooooaaaaaaaat!!!“ Mit diesem Schrei und einem monströsen Akkord war das Lied zu Ende.
„Wenn du das nächste Mal kommst“, sagte der Typ mit den weißen Handschuhen noch, bevor ich die Kammer endgültig verließ, „bring bitte Eistee und hübsche Frauen mit.“
Ich hatte genug gesehen. An meine Klienten schrieb ich folgenden Brief:
Liebe Nachbarn des Proberaums von Radius 210,
es besteht nicht im Geringsten ein Grund zur Besorgnis oder Unruhe. Es werden in dem besagten Raum weder Tiere gequält noch Jungfrauen geopfert. Es handelt sich einzig und allein um einen Ort der musikalischen Zusammenkunft. Dass diese Versammlungen stets nachts vonstatten gehen, bedaure ich sehr, kann ich aber beileibe nicht ändern. Ich empfehle Ihnen: Ohrenstöpsel.
Hochachtungsvoll, Ihr Privatdetektiv des Vertrauens
Nöftzki Schädeltrepp
(© M.Dargel 04/2008)

My Interests

Music:

Member Since: 12/15/2005
Band Website: www.radius210.com
Band Members: voice: sven hill

guitar: hal woolard

guitar: mike dargel

bass: markus burg

drum: markus scherer

Influences:
Sounds Like: R210
Record Label: Ohne Vertrag
Type of Label: Unsigned

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