Bestandsaufnahme im verflixten 18. Jahr:
„Nö, der Trend geht eindeutig zum Damenrad“. Was redet der Mann nur für einen Mist! Der Herr Bassist, im Haupt- und im Nebenberuf „Schöngeist“, muß eben seinen Geldbeutel schonen und das Beinheben über die Stange wird ihm langsam zu anstrengend. Der Schlagzeuger schont wiederum den Bassisten und schweigt stille. Er bevorzugt nur noch flotte englische Sportwagen mit und ohne Dach. „Und steht trotzdem ab und zu im Stau“. Lästert der pedaltretende Bassist. Dem Gitarristen und Sänger ist beides egal. Der zweifache Vater fährt voll Stolz seinen Nachwuchs samt der ehrenwerten Gattin in einer französischen Familienkutsche, so einem eckigen Kastenwagen mit viel zu großem Hinterteil, durch die schwäbischen Lande. „Das sollte der Bandbus werden“, mosert schon wieder der Bassist.
Trotz unterschiedlichster Ansichten, was die Mobilität betrifft, musizieren Down & OUT schon im sechzehnten Jahr miteinander.
Uli kommt aus einer großen musikalischen und schwäbischen Familie und war eben mit Bernhard schon in der Grundschule zusammen. Die verschiedensten musikalischen Irrwege (Flöten-, Trompeten- und Klavierstunde) fanden dann in Down & OUT ihr glückliches Ende. Der Uli spielte ein wenig Gitarre, schrieb eigene engagierte Lieder dazu, den Bernhard interessierte außer der Literatur fast nichts, hatte aber zufällig eine Bassgitarre. Der Drummer war ein richtiger Trommlerbube. Nicht bei der badischen Linientruppe, aber im Musikverein. Genau: So ein richtiges Humba-Humba-Humba-Tätarä. Viel glänzendes Blech, viele falsche Töne, gesetzte Männer im mittleren und älteren Alter, die immer das halbvolle Bierglas neben ihrem Stuhlstehen haben. Blasmusik wird nebenbei auch noch gemacht. Jens hatte natürlich ein richtiges Uniformjäckchen mit Wappenaufkleber, ganz der Stolz der Mutter. Damals ließ er seine Stöckchen noch zaghaft auf das Trommelfell fallen, heute bringt er gerne den verschlafenen Bassisten aus dem Takt. Und so ging man eine musikalische Ehe ein. Fremdgegangen wurde zwischendrin aber immer. Uli mit seinem ihm angetrauten Weibe, Bernhard mit seinen Büchern und Jens war als Drummer mit Proberaum eben immer sehr begehrt – bei anderen Bands.
Aber es hat gehalten. Und wie in der Ehe, bei der Literatur und beim Cabrio-Fahren: Je länger, desto schöner. Das gibt gleich wieder einen handfesten Lebensansichtenstreit. Der Bassist hat keine Ahnung von der Ehe, der Trommler flaniert lieber in seinem hartgefederten Sportwagen an den Mädels vorbei, der Gitarrist sucht schon lange eine Band, mit der er ausgiebig lahme Neil Young-Songs nöhlen kann. Hätten wir öfter den kritischen Diskurs suchen sollen?
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