About Me
Regie, Kamera & Ton: Wera Uschakowa, Ronny Leisner
Schnitt: Wera Uschakowa
Von Luft und Liebe und den üblichen Verdächtigen
Manche Klischees entsprechen so selten der Realität, dass es etwas unerwartet Erfrischendes hat, wenn sie dann doch einmal zutreffen.
So der Fall bei Tamara Unterhuber, der Frontfrau und Stimme der Band „Von Luft und Liebe“. Denn dank der Vorliebe ihrer Mutter für laut aufgedrehte Tina Turner-Songs, hüpfte Tamara schon als kleiner Piefke mit Kochlöffel als Mikro bewaffnet auf einem alten Koffer als Bühne herum und trainierte das Organ, das später die Ohren ihrer Fans verzücken sollte. Der musikalische Virus hatte jedoch nicht nur den Unterhuber-Spross Tamara schon früh in seinen Fängen, sondern ebenfalls seine drei Jahre älteren Zwillingsbrüder Manuel und Mario Unterhuber. Diese lernten erst mal ganz Testosteron gemäß Bass und Gitarre, gründeten dann mit Grundschulfreund Alexandre Mayer ihre erste Band und begaben sich anfangs noch auf härtere musikalische Pfade. Oder wie es Basser Mario heute formuliert: „Wir haben damals als Kids mit dem ganz brutalen Zeug angefangen und sind jetzt am softesten Punkt unserer musikalischen Entwicklung.“ Schwester Tamara huldigte derweil der Chanson-Ikone Hildegard Knef.
2004 entschlossen sich die Vier dann nach zahlreichen Intermezzi mit anderen Bands, „alle Erfahrungen in einen Topf zu schmeissen und Von Luft und Liebe zu gründen“, wie es Schlagzeuger Alexandre pragmatisch ausdrückt.
Eine Entscheidung, die die Band gleich auf ganzer Linie durchsetzte. Sie bezog eine gemeinsame Wohnung in Mannheim, verwandelte das WG-Wohnzimmer in ein kleines Studio und hatte schon nach kurzer Zeit Demo-Material für mehr als nur ein Album.
2006 gewinnt die Band beim „Mannheim Music Award“ den Regio-68-Award plus Publikumspreis und spätestens jetzt war klar, „Von Luft und Liebe“ hat Zukunft.
Seit 2007 ist die Band in Berlin sesshaft und ist auf Konzerten um einen zusätzlichen Musiker reicher: Thimo Sander bedient die Tasten, Gitarre und Vibraphon.
Die Samtstimme von Tamara Unterhuber tropft bitter-süss aus den Boxen, ohne sich je aufzudrängen, dezent begleitet von dem perfekt auf sie zugeschnittenen Elektropop-Sound ihrer vier Jungs.
„Ich möchte mit der gleichen Leichtigkeit, Musik machen, mit der ich morgens in Jogginghose und ungeschminkt zum Bäcker gehen kann. In meiner Muttersprache kann ich meine Gefühle eins zu eins ausdrücken, muss nicht erst lange nach Worten suchen, die dann meist doch nicht das ausdrücken, was ich wirklich sagen wollte“, erklärt Sängerin Tamara die Entscheidung für deutschsprachige Texte.
Und tatsächlich sind die Songs von „Von Luft und Liebe“ ein schönes Plädoyer für die Vorteile deutschsprachiger Musik. Ob das melancholische Stück „Mir ist kalt“, das nachdenkliche „Pulsschlag“ oder das hoffnungsvolle „Mittendrin“, die Texte treffen ins Schwarze, berühren mit wenig Tamtam und einer ehrlichen Direktheit, der man sich nur schwer entziehen kann.
„Von Luft und Liebe“ gelingt die seltene Gratwanderung, zarten Deutschpop zu machen, dessen sanfte Pointiertheit anrührt, ohne sich billiger Tränendrüsen-Klischees zu bedienen.
Und wenn man auch von Luft und Liebe immer noch nicht leben kann, so wenigstens doch viel schöner mit ihnen.
Katja Krug