Viele werden sich sicherlich fragen, weshalb wir eine Band featuren die es in dieser Formation schon seit 2 Jahren nicht mehr gibt. Dieses Interview ist als ein Rückblick gedacht auf eine Band, die den deutschen Hip Hop nachhaltig beeinflusst und für viele neue Bands die Weichen gestellt hat. Zum anderen kann es niemand verleugnen, daß eine Platte wie "Das Kommando" auch heute nichts von ihrer Schlagkraft verloren hat. Dies liegt zum einen an der fetten Produktion, an den brachialen Hardcorebeats und an den 2 MCs, die ihre Texte so leidenschaftlich rüberbrachten und mit ihren politischen und sozialkritischen Inhalten bei weitem mehr zu bieten hatten als die damals vorherrschenden Partyrapper. Nicht nur auf Vinyl konnten RAF (Reimende Antifaschisten) Maßstäbe setzen, auch ihre originelle Live- Performance (sie traten unter anderem mit 2 DJs auf) war in dieser Form einzigartig. Die MCs kamen vermummt und mit RAF-Flaggen auf die Bühne, so daß Unwissende erst dachten, daß die Bühne von irgendwelchen subversiven Elementen gestürmt wurde... Für die Musik zeichnete sich unter anderem DJ Manystyles verantwortlich, der auch nach der Auflösung der Band nicht untätig geblieben ist. Manystyles fühlt sich der Szene verpflichtet, leitet kostenlose DJ-Workshops und führt einen coolen Plattenladen, in dem so ziemlich alles angeboten wird, was die Heads begehren. Neben den neuesten Vinylveröffentlichungen und einer Menge "rootiger" Scheiben gibt es hier auch Tapes und Klamotten en masse. Grund genug, Manystyles und seinen Kollegen in Eimsbüttel einen Besuch abzustatten.
Wie kam es zum Split von RAF?
DJ Manystyles: Beide MCs haben geheiratet, der eine hat inzwischen schon einen anderthalbjährigen Sohn und irgendwann ist es nicht mehr das jugendliche Chillen gewesen, es gab zeitliche Probleme, jeder hatte seine Arbeit und natürlich auch Freundinnen und so weiter, und alle vier Leute auf einen Nenner zu bringen war dann doch sehr schwer. So ist die Band dann langsam auseinandergefallen. Schade ist, daß wir unsere nächste Platte, die wir schon fast fertig hatten, nicht mehr rausbringen konnten... Vielleicht bringen wir sie ja noch irgendwann raus! Aber ich denke mal eher daß wir, wenn wir wieder zusammen was machen sollten, dann auch neue Sachen machen. Sly (Anmerkung: einer der MCs von RAF) schreibt bis heute immer noch derbe Texte, und wir werden bestimmt noch mal was zusammen machen. Irgendwann kommt bestimmt nochmal das fette Comeback, darauf könnt ihr euch verlassen.
Könntet ihr euch vorstellen im Falle einer Reunion musikalische Kompromisse einzugehen, also clubkompatiblere Mucke zu machen?
DJ Manystyles: Nein, es wird auf jeden Fall straight Hip Hop sein. Ich produzier noch immer meine Beats und für Kompromisse bin ich nicht zu haben. Stefan und ich haben auch gemerkt, daß was anderes gar nicht geht. Sly hat mal gesagt, er könnte gar keine Lyrics schreiben, bei denen es nur um Party geht, weil die Welt einfach nicht so ist! Man muß einfach nur mal den Fernseher anmachen und man sieht Kriege hier, Erdbeben da, und man ist schon total abgestumpft. Die Welt ist ungerecht und es würde einfach nicht passen wenn man so tut als gäbe es keine Probleme.
Würdet ihr dann ähnlich politische Texte haben?
DJ Manystyles: Erstmal würde es darum gehen, wieder ein Lebenszeichen von uns zu geben, natürlich ist es wichtig den Leuten zu sagen "Pass mal auf, wir sind immer noch am Start". Viele wissen gar nicht, daß es die alte Hip Hop-Garde überhaupt noch gibnt, also Crews, die ihre Sachen nicht bundesweit rausbrachten, weil Hip Hop damals noch nicht den hohen Stellenwert hatte. Die Beats und Samples würden natürlich wieder hart sein, aber auch textlich würden wir wieder die harte Schiene fahren.
Mit eurem Namen RAF habt ihr für ziemlich große Kontroversen gesorgt, weil ihr mit eurem Bandnamen und mit eurem Auftreten (Rote Armee Fraktion-Flaggen usw.) den Eindruck machtet, daß ihr mit den Linksextremisten der Roten Armee Fraktion sympathisiert habt.
DJ Manystyles: Wir wollten schon immer ein Mittel zur Diskussion sein, das war auch genau das was wir erreichen wollten...
Und hattet ihr damals irgendwelche juristischen Probleme?
DJ Manystyles: Erstmal hatten wir das Kalaschnikov-Gewehr noch im Logo mit drin, da gab es dann auch Diskussionen untereinander, ob wir die Wumme rausnehmen oder drinlassen. Wir hatten eigentlich auch im Logo ein Mikrofon darübergelegt, nach dem Motto "Verbale Gewalt über Waffengewalt". Irgendwann haben wir gedacht, daß wir es besser ganz rausnehmen, weil es zu militant wirkte. Wir wollten ja Waffengewalt nicht verherrlichen, sondern genau das Gegenteil. Die Motive der Roten Armee Fraktion konnten wir nachvollziehen und auch vertreten, aber wir sind natürlich nicht mit Waffen durch die Gegend gelaufen und haben Leute überfallen und liquidiert.
Aber auch live hattet ihr immer ziemlich kämpferische Posen drauf....
DJ Manystyles: Naja, wenn Du unsere Platten gehört hast bist Du danach auch nicht auf Party gegangen sondern hast danach deine Depressionen geschoben (lacht laut).
Bist Du momentan noch in andere Projekte involviert?
DJ Manystyles: Ich geh ins "Trainingslager" mit meinen Kollegen. Ganz klassisch: zwei Mics, zwei Turntables, 2-3 DJs und ein paar MCs. Man muß ja schließlich auch in Übung bleiben. Ich lege hier und da noch auf und mach natürlich nebenbei auch noch Beats. Wenn ich früher einen Track pro Woche gemacht habe, mache ich jetzt vielleicht noch einen pro Monat, aber ich bin auf jeden Fall noch dabei.
Ein paar Prolls aus Köln lästern ja momentan über die Beginner und über ihre derzeitigen Singleerfolge. Was denkst Du über solche Statements?
DJ Manystyles: Sicher gibt es viele Leute die sich gerade über die Beginner aufregen, ich selber habe das vor Jahren auch abgelegt, von wegen "Kein Kommerz". Aber wo ist das Problem: wenn Du die Möglichkeit hast derbe Kohle zu machen aber danach immer noch dein Ding machst und im Kopf real bleibst, wie die Beginner, ist es absolut ok. Verwerflich wird es erst dann, wenn man wie irgendwelche "Studiodesigner" an einem Tisch sitzt und sich einen Oli P zurechtbastelt, das grenzt an Prostitution und ist nicht mehr tolerierbar.
Das ist ein nettes Schlußwort, hast Du noch ein paar obligatorische Final-words?
DJ Manystyles: Ja, mein Laden heißt "The Roots", kommt vorbei. Von RAF gibt's vielleicht irgendwannmal ein Comeback, von mir sowieso. Peace Out!
Interview von:
HamburgHipHop.de