Wer Anderlink, aka Verus Seeburg, einmal so richtig in seine schönen dunklen Augen schaut, der
kann es vielleicht erkennen, dieses Glimmen, das man auch in seiner Musik hören kann, wenn man
hinhört, und sieht diese Mischung aus sanftem Rebell im Kampf gegen die Windmühlen des
menschlichen Miteinanders und Misanthrop des heiligen Zorns.
Denn genau wie bei den meisten von uns im echten Leben geht es in seinen Texten vor allem um
die Grenzübergänge zwischen gut/böse, Fortschritt/Stagnation, Ehrlichkeit und Selbstverrat (etc.),
und genau wie das echte Leben bleibt uns auch Verus die Antwort schuldig, wie es denn nun richtig
funktioniert. Man wird eben irgendwie hinein geworfen in das Ganze und muss selbst schauen, wie
man klar kommt und wo man bleibt. Die ganze Tragik des Erwachsenwerdens. Oder um es mal mit
dem Verus selbst zu sagen: "Niemand hat die Absicht/ eine Mauer zu errichten/ aber wenn sie
schon mal da ist/ kann man daraus ja was machen/ wir teilen die Welt auf/ in gut und böse/ oder
gut und gut/ oder böse und böse". Und wenn diese Zeilen nicht wahr sind, dann sind sie wenigstens
schön und gut!
Zu den Proben erscheint Verus in der Regel mit seiner akustischen Seagull, wechselt aber auch ab
und an gerne auf die halbakustische Duesenberg mit der schicken 2-Tone-Sunburst-Optik.
Die konnte er sich damals nur vom Schmerzensgeld aus einem Unfall leisten. Kunst muss eben
bluten – tolle Geschichte! Seine Songs pflegen das Einfache und Geradlinige, die nötigen, mehr
oder minder versteckten Raffinessen und Haken verstehen sich dabei natürlich von selbst. Doch
eher würde Verus den Indie von der Bettkante stoßen, müsste er dafür den Pop, seine ganz große
Liebe, betrügen. Auch die sorgfältig ausgesuchte und mit freundlicher Despotie auf Linie gebrachte
Backingband freut sich immer wieder sehr über neue, kleine Pop-Gemeinheiten aus seiner Feder.
Und wer dabei noch so cool ist wie Verus und es schafft, innerhalb von dreieinhalb Minuten fragiles
Folk-Fingerpicking mit dem Kastagnetten-Geklacker der Gypsy Kings zu versöhnen, ohne dabei in
ironisches Schlingern zu kommen („Am Ende“), der hat sich, find ich, sein Feierabend-Staro auch
wirklich redlich verdient. Wohl schmecke es, lieber Verus! Der Tag war lang und mal wieder mehr
als finster. Doch wie ich dich kenne, lässt du dich nicht schrecken von der Nacht, die da aufs Neue
mit ihren Schatten droht, und schreibst lieber einen neuen Song. Guter Typ!
Lars Austen
Kontakt: verusseeburg[at]googlemail.com