Dieses Trio ist ein Versuch. Der Versuch, mich der sogenannten „Ländlermusik“ anzunähern, ohne meine bisherigen musikalischen Erfahrungen zu verleugnen. So fliessen jazznahe Elemente, andere Volksmusiken und bisweilen auch Improvisationen in diese Musik.
Überdies ist diese Formation auch ein Versuch, das im Jazz bewährte Format „Piano-Trio“ (Piano, Bass, Schlagzeug) auf die Volksmusik zu übertragen und zu einem „Örgeli-Trio“ zu transformieren. Ist das jetzt also Volksmusik?
Etikettierung wird hier überflüssig. Denn diese Musik ist eine lebendige Strassenmischung, ein streunender Bastard und bunter Hund, nicht in einem Zwinger für reinrassige Edelzüchtungen daheim, sondern zwischen Stuhl und Bank, bzw. zwischen Tür und Angel.
Spielte ich bei meinen bisherigen Annäherungsversuchen an alpine Musik (“Pilatus“, “Pilatus-Suite“) hauptsächlich Saxophon, so beschränke ich mich in diesem Trio für einmal ausschliesslich auf das Schwyzerörgeli. Dessen Klangfarbe erinnert mich mit seinem enormen Sehnsuchtspotential oft ans Bandoneon. Darum eignet es sich - neben den schnellen Tänzen - auch überaus gut zum Spielen von langsamen getragenen Melodien, wie sie sonst auf diesem Instrument nicht eben üblich sind.
Die musikalischen Möglichkeiten sind auf dem diatonischen Örgeli (für Insider: ich spiele ein Instrument mit Club-System) allerdings sehr eingeschränkt: es stehen nur wenige Basstöne und längst nicht alle Melodietöne zur Verfügung. War das früher oft Anlass zu Ärger und Frustration, weil viele Stücke einfach nicht spielbar sind, so bedeutet es heute für mich eine reizvolle Herausforderung: Ausprobieren, tüfteln, ausloten, Grenzen ausweiten.
Das Repertoire des Trios besteht vorwiegend aus Eigenkompositionen. Ausnahmen sind die drei traditionellen Titel: „De Haslibärger“, (ein Ländler aus der Sammlung von Hanny Christen), „In Medias Rees“, (bestehend aus den Stücken „Riemestalder Chilbi“ und „Bim Rössli Adolf“ aus dem Repertoire von Rees Gwerder) und „Geamparalele din Birlad/ Brîul lui Cepzan“ (zwei traditionelle rumänische Melodien). Viele Stücke sind eigens für das Trio geschrieben. Einige Titel habe ich allerdings schon früher mit anderen Gruppen aufgenommen, („Starrenwang“ mit Albins Alpin Quintett auf „Pilatus-Suite“, „Jungle Bells“ mit kraanich auf „pas de valse“, „Shovidar!“ mit der Interkantonalen Blasabfuhr auf “3“).
Unterwegs bin ich hier mit zwei langjährigen Freunden. Dem Tubisten Marc Unternährer, Fels in der Brandung schon bei der Interkantonalen Blasabfuhr und in Albins Alpin Quintett. Als Solist von Neuer Musik, als Mitglied grosser Orchester oder als freier Improvisator ist er musikalisch mit allen Wassern gewaschen. Und als Mitglied verschiedener Formationen von Hans Kennel ist er auch mit der Volksmusik vertraut. Andy Aegerter, Schlagzeuger schon beim Quartett „kraanich“, ist in Buenos Aires geboren, wohin sein Vater ausgewandert war. Als 33-jähriger kam er erstmals in die Schweiz. Seine reichen Erfahrungen mit lateinamerikanischer Musik und Tango Nuevo verleihen auch den Klängen des NAH Trios eine farbige Lebendigkeit.
NAHT RIO?? Nein - NAH Trio!
Genau - so etwa nach dem Motto: Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so NAH...
So habe ich denn in der näheren Umgebung Ausschau gehalten nach interessantem musikalischem Treibgut und Schwemmholz. Und aus diesen (und anderen) Inspirationen eine eigene Musik gebastelt. Voilà !
Gelingen kann dieser Versuch aber nur, wenn mein wichtigstes Anliegen erfüllt ist: dass diese Musik nicht nur von nah kommt, sondern auch nahe geht.
Albin Brun