About Me
Sie hätten genau so gut "el beast" heissen können oder "batsele"; die beiden basler kammerfolkpopper matthias erb und stephan grieder haben sich aber vor mehr als 10 jahren für "saltbee" entschieden, ein anagramm der liverpooler überband. beatles fans also. ja, aber nicht ausschliesslich.
für die neue, vierte saltbee-CD "shoebird" stand kein geringerer als der klassische lieder komponist franz schubert pate: sein zyklus "die winterreise" diente als inspirationsquelle für einen weiteren saltbee-songreigen zum thema schnee und winter. 12 songs über das sterben, das verschwinden im weissen nichts, die auflösung.-------------------------------------------------
------------------------------------------------------------
------------------------------------------------------------
-------------Urs Grether von der Basellandschaftlichen Zeitung über "Shoebird"
************************************************************
**************
Die vielleicht schönste Perle des Jahres kommt von Basels spleenigen Alternativ-«Beatles» «The Saltbee». Auf ihrer CD «Shoebird» beerben Matthias Erb und Stephan Grieder Franz Schuberts Liederzyklus «Winterreise» mit lose versponnenen Songs zu den Themen Winter, Alter und gesellschaftlichem Rückzug. In «Land of Plenty» zu dem es auf der «myspace»-Website der Band auch ein in Zürich gedrehtes Video gibt, findet man sich am entgegengesetzten Ende der «Züri Brännt»-Jahre wieder: Am Ende tappen wir als etwas müde, heiter resignierte «Eisbären» im real existierenden «Packeis». Ausschlafen wäre wichtig. Ohne Hoffnungen und sonstige Schmerzen zu sein.-------------------------------------------------------
------------------------------------------------------------
---DIE VORZÃœGE EINES "ZIGZAG-KID" von Urs Grether
************************************************************
**************Nach dem Ende des Trios «Rondeau» liessen sich Matthias Erb
(Leadgesang, Gitarren, Percussion) und Stephan Grieder (Gesang,
Gitarren, Keyboards, Schlagzeug und einiges mehr) erst einmal
Zeit. «That means a lot» (150 BPM/COD), 1994 erschienen, sah
dann aus wie eines von diesen vielen Spassprojekten. «Projektli»,
wie sie hiesige Musiker im Dutzend an die Hand nehmen, wenn es
darum geht, ihren musikalischen Rückzug auf das Altenteil schonungsvoll
abzufedern.
«That means a lot» war eine Sammlung von Lennon/McCartney-
Songs, die die Beatles als Band nie aufgenommen haben. Eine
kuriose Idee: Da haben zwei «Angefressene»
ihrer Leidenschaft für die (selber nie erreichten)
Liverpooler Vorbilder gefrönt, oder?
Falsch geraten. «Saltbee» hatten noch gar nicht «richtig» angefangen:1997 erschien «Wax»
(Glow/Tudor). Ganze zwei von den 18 Songs stammten von Lennon/McCartney, einer listigerweise
von George Harrison - der ganze Rest ging auf das Konto «Erb - Grieder». Mit Bedacht waren die
Texte mit abgedruckt, denn jetzt steckten Erb und Grieder ihren eigenen musikalischen Claim zum
ersten Mal richtig ab. «Beatlesk» kamen ihre Songs zwar weiterhin daher, aber das war nur die
Tarnung, hinter der die ach so harmlosen Fassaden gefährlich zu bröckeln begannen. Genau wie die
Verfremdungen in den Sounds das Klare, Gerichtete in den Songabläufen so lustvoll wie gezielt stilsicher
hintertrieben. Da gerieten immer wieder die Züge und das Fernweh ins Blickfeld. In Genre-
Themen wie dem Western oder dem tollen Leben in Kalifornien (netterweise als «Peace begins in the
kitchen» betitelt) lauerten die Widerhaken: «Europe is so far away.» Die in den Songs verhandelten
«Wirklichkeiten» waren wie Spiegelsplitter bereits vielfach gebrochen und spiegelten damit letztlich
immer wieder den Lebensabschnitt, an dem sich die beiden Musiker nur zu bewusst neu zu (er)finden
hatten.
Die Figur des Ikarus aus der griechischen Antike schien es ihnen seit längerem angetan zu haben:
Das erste Stück auf «Wax», «It's all in your mind», zeigt, wie der Sturz des (nicht näher charakterisierten)
Helden von niemandem wahrgenommen wird - es sei denn von den Göttern, die zwar
weinen, aber nun einmal nicht eingegriffen haben. «The higher you fly/the deeper you go», heisst
es im Refrain und soviel darf als bekannt vorausgesetzt werden. Dann setzt Erb aber noch eine
«Moral der Moral» hinzu: «Sounds like a lesson/no one needs to know.»
Es könnte an die Lektion mit «Rondeau» gedacht sein. Man hat etwas Ordentliches, Nettes versucht,
ist aber nirgendwo wirklich «angekommen». Als «Britpopper» der älteren Basler Schule hat
man sich dann zunächst an den Beatles gütlich getan - «Saltbee» ist noch dazu eine Neuschreibung
der Buchstaben aus dem Wort «Beatles».
Und «Wax» - jenes Wachs, mit dem Daedalus die Flügel seines Sohnes Ikarus zusammengeklebt
hatte - gibt dem zweiten «Saltbee»-Album den Titel. Da singen dann Erb und Grieder von den
Widerwärtigkeiten ihres Alltagslebens, in dem sie als «verhinderte» Popstars eingepfercht sind - und
halten sich mit einigen bösartigen Formulierungen schadlos: «I talk to pigs at night», heisst es in
«Most of me is darkness». Wir wollen lieber nicht ergründen, wer da woran gedacht haben mag.
Die verspiegelten Bezüge auf die eigene, weitgehend glanzlose Situation im Showbiz gehen auf
«Wax» einher mit einer wunderbar leichtsinnigen Fabulier- und Musizierlust, mutwillig in den «beatlesken
» Tonlagen verankert: «I don't want to be/someone that I'm not» - aber aufgepasst:
Ich bin viel mehr, als Dir gerade in den Sinn kommt, pass nur auf: «That means a lot.»
Mit seinem dritten Album hat das Duo Grieder & Erb zunächst einmal
bewiesen, dass man mit der «Projektli»-Falle nun wirklich nichts
(mehr) zu schaffen hat - die allermeisten «älteren» Musiker in der
Region haben es nie soweit gebracht: chapeau!
Das Wort «Wax» wird auf dem neuen dritten Album in eine «Box»
gepackt, in eine «Sugarbox» nämlich (Glow/Tudor). Schon mit diesem
listigen Wortspiel spinnt man die «Saltbee»-Grundidee der zerborstenenen
Spiegelstücke eine Nase weiter. Wieder nisten die harmonischen
und rhythmischen Verschiebungen, nur sind sie dieses Mal
wesentlich zielgenauer gesetzt.
«Box», das inoffizielle Titelstück, ein Instrumental, zitiert zu Beginn
nicht zufällig das mächtige Keyboard-Riff von «In the dutch mountains
». Die Arrangements auf «Sugarbox»sind fülliger geraten,
«Saltbee» erklären sich mit allem Nachdruck als legitime Band-
Nachfolger von «Rondeau»: «Grey days - brown eyes» ist der beste
«Rondeau»-Song mit der obligaten «Nits»-Eintrübung, den «Rondeau»
damals einfach noch nicht auf die Reihe kriegen konnten.
Alles ist mit den Erfahrungen seither soviel unverkrampfter und reifer geworden - erst recht das grossartige Stück
«Selene» nach dem Text des verstorbenen Freundes Dominique Alioth. Wieviel Trauer in dieser «Saltbee»-Heiterkeit
doch immer wieder liegt, wieviel Nachdenklichkeit sich in dieser sonnigen Leichtigkeit zu tarnen weiss.
Subtil kreuzen sich in der «Sugarbox» die thematischen Songlinien: Der Winter von «Silent night» geht vorbei
(«Winter's gone»); der Teddybär des «Hidden Tracks» von «Wax» meldet sich - etwas grob - in «If i should ever grow
up» zurück. Dafür gewinnen wir in diesem Song auch das Ikarus-Thema wieder: «I'm gonna leave this zoo/singing:
lord, to live is to fly.» Und dann kommt gleich die Fortsetzung mit «Oh little birdy» und einem Strauss weiterer Ideen
zum eigenen, immer «gemischten» Musikpoeten-Leben: «You're my little link/(...)/We're getting nowhere if we can't
stop to think.»
Mit nochmals ein, zwei Lennon/McCartney-Songs, die anderweitig als für die «Beatles» Verwendung gefunden hatten,
bleibt der Bogen zum Erstling gespannt: «This means a lot» als Albumtitel erhält im Nachhinein seine schöne
Berechtigung. Man hat die «Beatles» gecovert, um freizukommen von der belastenden Vergangenheit einer No-
Name-Band in der tiefsten Pop-Provinz - und um damit dieser eigenen Vergangenheit doch auch wieder treu bleiben
zu können. Das «Wax» des Fliegen-Müssens wird auch weiterhin die Song-Flügel zusammenhalten; in der
«Sugarbox» warten weitere Schätze auf das Tageslicht.
Und mit «Goodbye», jenem Lennon/McCartney-Schlager für Mary Hopkin, wird ein weiterer grosser Bogen zurückgespannt:
Zu Matthias Erbs langjährigem Freund und Weggefährten Dominique Alioth, dem «Sugarbox» nicht zufällig
gewidmet ist. «Saltbee» wollten - und sei es nur sich selber - beweisen, dass man mit der Musik im besten Sinn
altern und reifen kann: Weiterleben lohnt sich, flüstern Grieder & Erb durch ihre Zeilen und wischen sich verstohlen
ihre Tränen ab.
Immer wieder frei werden können. Wir bekommen
den Trost des «Zigzag Kid» mit auf den
Weg, der zwar nicht weiss, wohin die Reise
geht, an dem einen sich aber aufzurichten
weiss: «imagining something's so much better
than/remembering everything».
Am Ende heisst es also mit dem
Lennon/McCartney-Song «Goodbye» Abschied
nehmen, aber da gibt es noch einen «versteckten
» Bob Dylan-Cover: Und was auf diesem
«Bonus»-Track auch noch versteckt ist (in den
CD-Credits aber vermerkt wird), ist die
Rückkehr des damaligen «Rondeau»-
Drummers Roli Fischer: Alles ist auf einer
höheren Stufe wieder zusammengeführt,
pflegten «Rondeau» doch in den alten Zeiten
etwa mit Dylans «A Hard Rain's A-Gonna Fall»
ihre letzte (und sehr beschwingte) Zugabe zu
geben.
Wie wird es also weitergehen? Mit einem
Album von Dylan-Covers? Vielleicht. Vielleicht
aber auch nicht: Wobei ich als «Saltbee»-
Liebhaber der zweiten Aussicht entschieden
den Vorzug geben möchte.