"einsamkeit ist eine pflanze, die zu giessen sich nicht lohnt."
Anna Z.
Anna Zoitke
„Wieviel Liebe kannst Du tragen“ fragt der Albumtitel eines Mädchens namens „ANNA
ZOITKE“ in der neuesten Veröffentlichung des Kult-Labels „Red Can Records“. Ein
Schelm, wer bei diesem Albumtitel schon den passenden Chauvispruch auf den Lippen
hat! Denn „ANNA ZOITKE“ ist das Pseudonym einer doch recht männlichen Band aus
München. Annas Vorname ist eine Hommage an das bekannteste Gedicht des großartigen
Dada- Poeten Kurt Schwitters. „Zoitke“ war der „Mädchenname“ von Sänger Hase
bis seine Mutter geheiratet hat. So lag die Konsequenz, diese beiden lieb gewonnenen
Namen im Bandnamen zu verbinden halt recht nahe.
Dass diese Band nicht nur in Sachen Namensgebung, sondern auch in vielen anderen
Belangen durchaus ein bisschen unkonventioneller ist und dies auch kultiviert, zeigt
sich darin, dass man sich gerne selbst mal in das Genre „Emo-Schlager“ einordnet.
Auch die konstitutionelle Monarchie, der Sänger Hase vorsitzt und in der sich die übrigen
Bandmitglieder ziemlich wohl fühlen, mag befremdlich erscheinen. Gemeinsamer
Tenor innerhalb der Band ist jedoch, dass „harte Banddemokratien“ ein empfindliches
Bandkonstrukt genauso bremsen können wie ein Banddiktator. ANNA ZOITKE-Songs
entstehen also meist durch eine gute Mischung aus beidem, d.h. im Klartext: Hase liefert
einen nahezu fertigen Text- und Musikentwurf, den Jochen, Charlie, Chris und See
dann ergänzen, abändern und umsetzen. Diese Vorgehensweise ist sicherlich auch den
Anfängen von ANNA ZOITKE geschuldet.
Ursprünglich als Solo- Projekt des CRASH TOKIO- Gitarristen Hase gedacht, stand
er als ANNA ZOITKE zunächst in guter alter Singer- Songwriter- Tradition musikalisch
leicht, experimentierfreudig und- vor allem- allein auf der Bühne. Dass Alleinsein nicht
nur Vorteile mit sich bringt, war mit den ersten Live- Auftritten klar, denn da begannen
die musikalischen Probleme. Hase konnte sie im Geiste quasi schon hören, die Band,
die da seiner Meinung nach eigentlich dazu gehörte. Recht bald waren deshalb Charlie
und Chris, zwei befreundete Musiker mit von der Partie. Sie führten der One-man-show
„ANNA ZOITKE“ die Drums, eine Gitarre, ein sehr intuitives Gespür für Musik und die
nötige in sich ruhende Sicherheit in den teils schwierigen Anfängen zu. Dass es live
schnell eine zweite Gitarre und Tasten brauchte, lag auf der Hand. Gut, dass die Münchner
Musikszene zwar klein, aber gut verdrahtet ist. So fand Hase in See und Jochen
was er musikalisch noch gesucht hatte und bekam obendrauf noch einen nicht zu verachtenden
Batzen ansteckenden Enthusiasmus und das vorsichtig Bodenständige, was
dieser Band noch gefehlt hatte. Rausgekommen ist nach zwei Jahren eine spannende
Live-Band, die, wenn mal Not am Mann ist, auch akustisch, zu dritt oder zu zweit spielen
kann, wenn sie will. Gerne wechselt man auf der Bühne auch mal die Instrumente durch
und beim Mitsingen kommt meist Gitarristen- Bassist Charlie, aber eigentlich auch jeder
mal dran.
Versiertheit mit einer gewissen Neigung zur Improvisation ist nicht nur das erfrischende
Motto der Live- Shows, sondern auch der CD- Produktion. Wer „Wieviel Liebe kannst
Du tragen“ kauft, sieht auf den ersten Blick wie viel Liebe wortwörtlich drin steckt. Die zehn Songs wurden im eigenen Studio eingespielt, aufgenommen und produziert, das
Artwork stammt aus Hases Feder, die Covers sind handgemacht und selbstgeklebt, der
Druck und Release ging im Freundeslabel Red Can über die Bühne. Warum der Stress?
„Weil alles so wird, wie man es sich vorstellt“, so Hase. Ebenso durchdacht, wie die äußere
Gestaltung des Albums ist auch das Konzept der Songs. Die zehn eingängigen Lieder
folgen den verschiedenen Stadien einer Beziehung. Dabei schleicht sich der Songwriter
Hase mit seinen Texten immer eher von der Seite an das Albumthema heran. Er ist eher
Beobachter als Autobiograph, was den Texten einen angenehmen und unweinerlichen
Touch gibt.
Generell befinden sich ANNA ZOITKE textlich eindeutig in der oberen Hemisphäre der
derzeitigen deutschen Dichtkunst. Mit hymnenartig gesungenen Versen wie, „... und es
geht wie Du siehst“, beginnt das Albums trotzig mit dem überstandenen Ende einer Liebe,
führt weiter zum Beginn einer neuen Liebe mit Zeilen wie, „was immer Du Dir versprichst,
wer weiß ob ich es halten kann“. Ein verwirrtes „Ich weiß nicht weiter, bin ich Pferd oder
Reiter“ führt beim Hören zu wohlbekannten Gefühlen der Verzweiflung über eine langsam
auseinanderdriftende Beziehung. Mit einem pragmatischen „Ich glaub ich muss jetzt gehen...“
schließt der Kreislauf dieser Liebe und das Album samt ironischem Unterton ab.
Dies mögen einige voreilige Kritiker mit geschlossenen Ohren als pessimistische Gefühlsduselei
abtun, wäre da nicht zusätzlich noch die extrem beschwingte und leichte Art
die ernsten Texte mit großartigen Melodien und rockendem „Shoegazer-Beat“ aufzulösen.
So bleibt die Musik von ANNA ZOITKE was sie ist und immer sein sollte: allerfeinster
klassischer Deutsch-Pop, der zugleich ein Lebenszeichen und die erste Vorstellung einer
gemeinsam gewachsenen Band ist.
Anna Zoitke - Ich Glaub Ich Muss Jetzt
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