eskalaparty

Interview I: Wenn Sie an nur einem einzigen Ort leben dürften, ohne ihn je zu verlassen- welchen würden sie wählen?A: Ich bliebe ganz einfach hier. In diesem Haus, diesem Garten, diesem Dorf. Es klingt vielleicht kurzsichtig, oder beschränkt. Es stimmt auch, ich habe noch nicht viel gesehen. Ich bleibe trotzdem hier. Ich weiß gar nicht, ob ich mir einen Flug nach Rom leisten könnte. Hier gibt es diese wunderbaren Äpfel.I: Mögen Sie Tiere lieber als Menschen?A: Es gibt Tiere, die ich wirklich schätze. Zum Beispiel Rotwangenschildkröten, wenn sie im Aquarium nach einem Finger schnappen, der vors Glas gehalten wird. Ich mag auch Fischadler, Jaguare und Orang- Utans. Trotzdem ist mein Lieblingstier ein Stofftier, mein Stoffhase. Er heißt Baldrian, er liegt in meinem Bett. Vielleicht finden Sie das kindisch, ich finde es großartig. Er trägt eine gelbe Latzhose. Es gibt weniger Menschen als Tiere, die ich schätze. Andererseits kenne ich auch weniger Tiere privat. Ich würde mir auch nie einen Reiterhof zulegen.I: Sind Sie grausam?A: Nein, eigentlich nicht. Es kommt selbstverständlich auf den Kontext an, in dem Sie dieses Adjektiv begreifen wollen. Ich bin pedantisch, ein manischer Kritiker, ein intensiver Fußballer, ein verschachteltes Stück Direktheit, aber ich würde niemanden quälen. Ich wäre kein guter Inquisitor, auch wenn ich mir das manchmal vorstelle. Ich auf einem Thron, ich meine: Küss meinen Ring. Das könnte ich meinen Freunden doch nicht zumuten.I: Haben Sie viele Freunde?A: Hätten Sie mich das vor ein paar Jahren gefragt, ich hätte es verneinen müssen. Jetzt habe ich Dutzende. Sie werden am Fließband hergestellt, irgendwo in Ohio. Ich krieg dafür am Monatsende immer ne Rechnung. Zwölf neue Freunde, macht 10 Euro. Ich hab eine Menge Schulfreunde, an denen ich sehr hänge. Dann ein paar von der Universität. Ich bin so nostalgisch. Neulich meinte ein Schulfreund, ich wäre seine Mutter. Übers Schreiben hab ich auch welche kennen gelernt. Nicht viele, aber viele Mädchen.I: Auf welche Eigenschaften legen Sie bei Ihren Freunden wert?A: Sie sollen keine Mädchen sein. Nein, aber im Ernst. Ich mag intelligente Menschen. Punks oder Musiker, Basketballer oder Billardspieler. Leute, die die Zeit vor ihrem Pc verbringen, oder im Labor. Es gibt eine Menge Dinge, in denen man als intelligent heraus sticht. Ich mag Menschen, die besser sind als andere. Die besten. Die sich selber hassen und die verändern wollen.I: Werden Sie oft von einem Freund enttäuscht?A: Man muss ja immer unterscheiden, ob der Freund einen auch verletzen wollte, oder ob man seine Handlung ganz einfach als enttäuschend empfindet. Wenn ich nach meiner Empfindung gehe, dann werde ich oft enttäuscht, ja. Aber ich bin auch schon enttäuscht, wenn man meine Gedanken nicht errät. Wenn man nicht dasselbe sagen will, oder nicht denselben Film sehen will. Wenn jemand die neue Blumfeldplatte nicht auch super findet. Das sind herbe Momente, in denen fühl ich mich ein kleines Stück mehr allein gelassen. Ich suche immer nach Übereinstimmung, nach einem Moment des perfekten Zusammenseins. Oft umsonst, aber manchmal klappt es. Das sind wunderbare Momente. Die erinnern mich an die Grundschule, an den besten Freund von nebenan. Der lebt übrigens heute auf einem Reiterhof.I: Sind sie ein wahrheitsliebender Mensch?A: Auf jeden Fall. Ich hasse Lügen, die sich erst wie in einem Kriminalfall aufschlüsseln lassen. Ich will immer alles wissen und erzähl auch immer alles, frag mich was, ich erzähl dir was. Ich stell mir die Wahrheit allerdings als einen dehnbaren Begriff vor. So wie ein Kaugummi. Wenn ich etwas nicht explizit benennen muss, dann erzähl ich Geschichten auf meine Weise. Man kann sie so stehen lassen, sie sind wunderbar. Solange man sie nicht akribisch hinterfragt. Auf diese Weise hab ich meinen Zivildienst überstanden. Auf diese Weise werden Geschichten oft erst richtig gut. Es ist eine wahre Schande, Geschichten schlechter zu erzählen, als das möglich wäre. Vergessen doch sowieso alle wieder. Ich hab oft das Gefühl, man vergisst sowieso alles. Wie lange wird ich noch von diesem Interview wissen? Ich geb mir 10Jahre, aber dann ist das doch vorbei.I: Womit beschäftigen Sie sich am liebsten in Ihrer freien Zeit?A: Ich liege gerne rum, denke mir am Fenster Abenteuergeschichten aus und halte meine Star- Wars Figuren in den Händen. Oder ich geh in den Garten und spiele Fußball gegen mich selbst. Ich fahr gerne mit Freunden in der Gegend rum, in Kiesgruben, in Supermärkte, zu Konzerten. Ich frühstücke gern mit der ganzen Familie. Langweilen würde ich mich im Traum nicht. Ich habe viel zu wenig freie Zeit. Wenn ich länger nicht schreiben kann, dann male ich am liebsten. Ich leg die Leinwand aufs Parkett, mach mir laute Musik an und lege los. Mein neuer Faible gilt der Hautfarbe. Eine wunderbare Erfindung, nicht wahr? Es ist eine Schande, mir nicht mehr freie Zeit zuzugestehen.I: Wovor haben Sie die größte Angst?A: Wenn ich an alltägliche Dinge denke, dann sicher vor Spinnen. Ich kann diese Biester nicht ausstehen, wirklich. Ich habe auch Angst davor, zu sterben, ohne etwas Bleibendes hinterlassen zu haben. Ich meine, es gibt die Elbe, es gibt Metalmachinelyrics, aber unter uns gesagt: ich will unbedingt noch mehr. Ich will in die Hall-of-Fame des Ganzen. Ich denke, ich habe das Potenzial dafür. Ich muss nur noch die Ventile aufspüren und die Kontakte knüpfen. Neulich meinte ein Freund, ich hätte auch Bundesligaspieler werden können. Stell dir das vor, ich wär jetzt bei Werder! Früher wollte ich gerne in die NBA. Aber am meisten Angst hab ich doch um meine Familie und um meine Freunde. Ich hoffe inständig, ihnen passiert nichts. Wenn, dann soll doch bitte mir was passieren. Dabei bleib ich.I: Was bringt Sie außer Fassung?A: Menschen mit Macht und ohne Stil. So wie die Dorfpolizei oder die meisten Hausmeister. Ich hab mal dem Hausmeister meiner alten Schule einen gelben Sack mit Melonenschalen über den Zaun geworfen. Das war das dritte Aufeinandertreffen mit der Polizei. Das erste Mal war ich mit einem Freund sprayen, der Marilyn Mansons Logo an ne Bahnbrücke sprayen wollte und das zweite Mal bin ich freihändig Fahrrad gefahren. Hat 5 Strafe gekostet. Auf der Anzeige stand: Sie fuhren freihändig. Ich hab gesagt, ich fände das faschistoid. Ich kann schlecht mit Autoritäten umgehen. Der springende Punkt ist: Für mich gibt es einfache keine Autoritäten. Erst recht keine Männer, die sind die widerlichsten. Die bringen mich fast so zum Ausrasten, wie eine Niederlage in einem Fußballspiel. Ich kann nicht verlieren. Aber ich verliere auch nie.I: Es ist 5 Jahre her, seit sie die Elbe veröffentlicht haben. Woran arbeiten Sie seitdem?A: Ich beziehe Metalmachinelyrics gern in den Arbeitsprozess der Elbe mit ein. Deswegen haben sie im Grunde recht, die Frage so zu formulieren. Trotzdem, zwischenzeitlich ist ja der Gedichtband erschienen. Danach habe ich lange gedacht, ich würde die Elbe ziemlich schnell fortsetzen können. Das war ein Trugschluss, wie sich inzwischen erwiesen hat. Ich hab bestimmt fünf Versuche gemacht, den Stoff thematisch weiter zu entwickeln, dem Ganzen eine neue Wendung, eine neue Tiefe zu geben. Es hat nicht hingehauen. Neulich sprach ich mit einer Professorin für Alte Geschichte darüber und sie sagte, es wäre doch im Grunde ganz natürlich. Die Elbe wäre eine Momentaufnahme, die gar keine Fortsetzung erforderte. Ich habs immer mehr als Biografie begriffen, die ich fortführen muss. Gerade auch, weil Johannes B. Blaffert an einer Fortsetzung mehr als einmal Interesse bekundete. Es gab sogar ein paar Leser, die danach fragten. Trotzdem bin ich mir inzwischen nicht sicher, ob ich daran weiter schreiben kann oder möchte. Derzeit kommt es für mich nicht in Frage. Stattdessen habe ich an einigen Gedichten und Konzertberichten gearbeitet, die regelmäßig im Gästebuch der Sterne und vor allem auf Eskalaparty erscheinen.Ich versuche auch immer, ein paar interessante Fotos beizusteuern. Am liebsten Portraitaufnahmen von mir selbst. Eine Freundin sagte mal, es wäre immer derselbe Gesichtsaudruck. Das stimmt, aber ist er nicht wirklich bezaubernd? Es gibt auch die Idee, meine Gedichte unter dem Titel Nichtraucherparty im Schatten des Bären zusammen zu fassen und einen neuen Gedichtband zu produzieren. Das ist bisher vor allem an den finanziellen Möglichkeiten gescheitert. Mittlerweile sind seit dem ersten Entwurf auch so viele neue Texte dazu gekommen, dass ich eine neue Auswahl treffen müsste. Oder spaltet man das Ganze? Ich hab mir da noch keine näheren Gedanken gemacht. Ich bin derzeit mehr als zufrieden mit der Präsentation bei Eskalaparty. Wenn das Geld kommt, dann seh ich weiter. Bis dahin gibt es zudem die Möglichkeit, die Texte hin und wieder live an ausgewählten Orten zu hören. Es war ein Lesung in Hannover geplant, in Hamburger Souledge fand eine statt und auch im Flappertdome gab es letztes Jahr im Rahmen eines Blitzboykonzertes einige vertonte Gedichte. Überhaupt ist mir dieser Übergang wichtig. Der Übergang zwischen Text, Musik und Bild. Ich seh einen Text nie als reinen Text, sondern immer auch als eine mögliche Basis für ein Bild oder einen Song. Im Grunde bin ich ein Rockstar, so a la Patti Smith. Die hat sogar auch lange gemalt. Wie hat sie gesagt? The only machine-gun you need, is the electric guitar. Wirklich eine Schande, dass ich so mies Gitarre spiele. Auf Anregung eines Freundes bin ich außerdem dazu gekommen, Kurzgeschichten zu schreiben. Dieses Metier habe ich vorher wirklich verachtet. Nichts Ganzes, nichts Halbes. Ein luftleerer Raum, so bedeutungslos, so schwach. Ich hab mich wirklich geirrt. Gerade die kurzen Texte sind oft gewaltig. Ich hab selber schreiben müssen, Kafka lesen hat da nicht gereicht. Ich musste das für mich verstehen. Ich hab immer gewusst, wie bedeutungsschwanger Geschichten sein können, aber was sie sind, das musste ich mir erschreiben. Was nicht heißen soll, die Texte wären alle brillant. Ich hab ein paar Mal den Fehler gemacht, ohne wirklichen Anlass zu schreiben. Lass mich nie ohne Anlass an den Schreibtisch, es wird schwülstig, gediegen, idiotisches, penetrant, einfach unerträglich. Aber es gibt auch gelungene Texte, so wie Der Organist. Solche Texte machen mich im Nachhinein wirklich glücklich. Da stimmen die meisten Worte. Wenn ich öfter gute Ideen hätte, dann gäbe es einen Haufen Geschichten. Wobei auch diese Form einfach nicht immer richtig ist. Die Geschichte von Damien Shapiro brauchte seine ganze eigene Form, ein bißchen Ballade, ein bißchen Gedicht, ein bißchen Geschichte. Überhaupt haben mich strenge Formen immer abgestoßen. Das ist was für Thomas Mann und Günter Grass.I: Wenn Sie sich nicht für die Schriftstellerei, einen schöpferischen Beruf entschieden hätten- was wären Sie dann geworden?A: Immer langsam, mit den jungen Pferden. Ich studiere ja nicht mal Deutsch auf Lehramt, sondern Philosophie und Geschichte. Ich sag immer zuerst Philosophie, es macht mehr Eindruck. Probieren Sie es mal aus, so primitiv wie effektiv. Ah- Philosophie. Da kommen sie wieder, die Mädchen. Dabei schreibt man in den ersten Semestern nur Klausuren, die meisten sind sehr mathematischer Natur. Geschichte ist das viel ergreifender, wenn auch viel Wert auf die Form gelegt wird. Aber eine gewisse Basis gehört ohne Frage dazu, ich gehör nicht zu den Naiven. Jedenfalls ist der Beruf Schriftsteller noch in weiter Ferne. Die Berufung ist da, die Kohle haben andere. Ein Freund erzählte mir gestern einen Witz: Das Geld ist nicht weg. Es haben nur Andere. Ich werds mir wiederholen, darauf können Sie Gift nehmen. Ich finde die Anderen. Aber ich wär auch gern Cowboy geworden.I: Treiben Sie viel Sport?A: Es ist ja schon verschiedentlich angeklungen, wie leidenschaftlich ich beim Fußball werden kann. Ich versuche so oft wie möglich mit Freunden auf einem miserablen Platz zu kicken. Wir haben da einen Platzwart, der ist Maulwurf. Er hat seine ganz eigenen Vorstellungen von einem perfekten Platz, aber lassen wir das. Ich bin ein passionierter Stürmer, obwohl ich mich auch gern wie Riquelme fühle. Dabei habe ich früher im Verein Basketball gespielt. Ich war nie im Fußballverein, mein Eltern empfanden das als Verrohung. Und ich liebe Basketball auch wirklich, ein fantastischer Sport. Überhaupt bin ich dabei, wenn auch ein Ball dabei ist. Zuhause spiele ich gerne Tischtennis. Ein gesunder Geist, in einem gesunden Körper? Bitte keine Klischees vor dem Frühstück.I: Können Sie kochen?A: Fragen Sie das am Besten meine Freundin. Sie hasst es, wenn ich alleine koche. Dabei koche ich nicht übel. Probieren Sie mein Curry, es ist vorzüglich. Sie findet es zu eigenwillig gewürzt, viel zu scharf und europäisiert. Ich hab was fürs Kochen übrig. Früher habe ich meiner Mutter immer in der Küche geholfen. Das war besser als Biolek, dabei gibt es keinen besseren Fernsehkoch als Biolek. Wenn ich gut verkaufe, dann will ich unbedingt zu Biolek in die Sendung.I: Wenn Der Spiegel Sie mit einem Artikel zum Thema Ein Mensch, den man nicht vergisst beauftragte- über wen würden Sie dann schreiben?A: Ich nähre mich ja von Persönlichkeiten, wie soll ich mich da bloß entscheiden? Als Kind war mein liebstes Buch lange ein Lexikon berühmter Personen. Es wäre natürlich reizvoll, über jemanden zu schreiben, über den es noch keine Biografie gibt. Neuland kann auf keinen Fall schaden. Ich erinnere mich, Truman Capote sagte, er mache Reportagen über berühmte Menschen, weil man da kaum etwas falsch machen könne. Die meisten Reportagen wären absoluter Schrott. In die engere Auswahl kämen sicher Lou Reed, Dylan, Basquiat, Mark E. Smith, David Carradine, Edgar P. Jacobs, Joseph Fouchè, Paul Auster, Townes van Zandt oder Green Lantern. Ich denke aber, ich würde gerne eine Biografie über die Hamburger Schule machen. Meines Wissens nach gibts sowas noch nicht. Das wäre mal eine Herausforderung. Wenn ich mich auf eine Person festlegen müsste, ich würde das Ding beispielhaft an Frank Spilker, Jochen Distelmeyer oder Dirk von Lowtzow aufziehen. Das wär doch was. Old Nobody: Distelmeyer in Worten. Ich würd mir auch noch einen besseren Titel einfallen lassen. Ich hab vor ein paar Monaten mal eine Biografie über den seleukidischen König Alexander I. Balas in Angriff nehmen wollen. Aber da ist die Quellenlage nicht nur schwierig, sondern der Forschungsstand auch im wesentlichen französisch.I: Welches ist das hoffnungsvollste Wort in jeder Sprache?A: Schwer zu sagen, ich spreche ja nicht mal französisch. Aber wie wäre es mit Fortuna, im Deutschen, Englischen und Lateinischen? Schicksal, Glück, Glücksgöttin. Son of good fortune.I: Und das gefährlichste?A: Fortuna. Hast du nicht gesehen, ist dein Glück weg und du hast den Blues. Jedenfalls, wenn du vorher deine Seele verscherbelst. Townes van Zandt sagt ja: Erst kommt der Himmel, dann die Erde, dann die Hölle und dann der Blues. Gruß an Mr. Johnson. Vielleicht ist das gefährlichste Wort aber auch Liebe, die banalisiert so ungeheuer.I: Haben Sie jemals jemanden umbringen wollen?A: Nein, ich könnte es nicht ertragen, zur Abwechslung mal gerechterweise verhaftet zu werden. Das wäre eine schwere Schlappe für mich. Sicherlich habe ich schon daran gedacht, jemanden brutal zusammen zu schlagen. Aber ich versichere Ihnen, er hat es zuerst gedacht. Es wäre doch auch völlig absurd, keinen Hass in sich zu tragen. Das bleibt Kwai Chang Caine vorbehalten. Geschlagen hab ich mich nie richtig. Nur einmal mit einem Typen, den wir in der Schule immer Mr.Odo genannt haben.I: Wenn Sie alles sein könnten, was Sie wollten. Was wären Sie dann?A: Ich habe oft daran gedacht, Captain auf einem Raumschiff der Föderation zu sein. Wenn ich aber letztlich vor die Wahl gestellt würde, ich nähme Green Lanterns Fähigkeiten. Green Lantern ist ein DC Superheld, der Kraft seiner Gedanken alle Dinge erschaffen kann, die er sich vorstellt. Er kann fliegen, er ist gut angezogen. Es wäre phänomenal. Ich denke an ein Jackson Pollock Gemälde und schon ist es da, aus grünem Licht erzeugt.I: Welches sind Ihre größten Laster und Tugenden?A: Ich soll Laster haben? Sehe ich denn so aus? Gesundheitlich mache ich sicher eine Menge falsch. Ich trinke viel zu viel Coca- Cola, gehe nie zum Zahnarzt und esse am liebsten Pizza. Was für eine unheilvolle Kombination, nicht wahr? Ich pfeif drauf. Ich hau mein Geld für Musik und Literatur auf den Kopf, bin in allen Dingen maßlos und sehr auf Stil bedacht, aber meine Güte: es sind sowohl Laster, als auch Tugenden. Überhaupt schwierig zu sagen, was Tugenden sind, wenn man Protagoras gelesen hat. Tapfer bin ich, sicherlich. Aber weiß ich auch, was das heißt?I: Stellen Sie sich vor, Sie würden ertrinken. Welche Bilder, der klassischen Vorstellung entsprechend, zögen noch einmal an Ihnen vorüber?A: Star Wars bei meinem Bruder im Zimmer, als ich sechs war. Ich sitze auf einer Matratze, traue meinen Augen kaum, bin begeistert, hin und weg. Ich schlafe bei meiner Mutter auf dem Bauch ein. Ich liege auf dem gelben Fell, warte auf meine Freunde. Mein Freund kommt, wir denken dasselbe. Später Lou Reed, der erste Song, das erste Konzert, ich denke zum ersten Mal: ich sehe hier jemanden, der mich tief unten berührt. Ein weißes Tigerfell, Apfelbäume, Distelmeyer in weiß, das Cover von Paul Austers Mond über Manhattan, ich sprinte alleine vor den Korb und treffe, die anderen klatschen. Dann hört es wohl auf, ich bin dann ja tot. Ist doch so, nicht wahr? I=Truman Capote A=Fynn Steiner